Saturday, November 19, 2011

Plädoyer für den Euro (aber nicht unbedingt für die EU)

Man scheint sich zwischenzeitlich überzeugt zu haben, dass die Einführung des Euro ein großer Fehler war (Stichwort: Gemeinschaftswährung ohne gemeinsame Fiskalpolitik). Diese Ansicht muss man nicht zwingenderweise teilen, nicht einmal dann, wenn man das heutige Chaos in Griechenland betrachtet.

Die Vorteile einer eigenen Landeswährung liegen auf der Hand: man kann sie drucken; je mehr man davon druckt, desto mehr wird sie abwerten; und je mehr sie abwertet, desto wettbewerbsfähiger wird man international. Bei diesen Überlegungen wird allerdings fast nie berücksichtigt, dass durch diesen Prozess auch die Finanzvermögen jener, die nicht clever genug sind, sich zu schützen, weniger wert werden (sei es durch Abwertung oder durch Inflation).

Man sollte aber nicht glauben, dass eine Landeswährung der einzige Mechanismus ist, um Ungleichgewichte zwischen ungleich produktiven Wirtschaftsräumen zu vermeiden. Letztendlich ist eine Landeswährung nur das Instrument, diese Ungleichgewichte auszuschalten. Am Ende des Tages ist es der ungleiche Lebensstandard, der Produktivitätsunterschiede ausgleichen sollte.

„Ausgleichen sollte“, weil er es in der Eurozone – am Beispiel Griechenlands bestens zu beobachten – nicht getan hat: Griechenlands Lebensstandard ist trotz niedrigerer Produktivität enorm gestiegen. Das lag allerdings nicht primär am Euro!

In einer perfekten Marktwirtschaft ist der Finanzsektor der optimale „Allocator“ von finanziellen Ressourcen: Banken sehen ihre Rolle in der Transformation von Risken/Fristen, die der einzelne Sparer in dieser kompetenten Form nicht machen könnte. Wenn Banken diese Rolle nicht erfüllen (oder sie falsch erfüllen), dann kommt es zu großen Ungleichgewichten und letztendlich zu Verlusten.

In der Theorie können Banken ihr Risiko ganz genau einschätzen und handeln gemäß dieser Einschätzung unter Einsatz der Vernunft. In der Praxis stellt sich das anders dar: je unüberschaubarer ein Kreditnehmer wird (nicht nur wegen seiner Größe, sondern auch wegen der Komplexität seines Geschäftes), desto weniger lässt sich sein Risiko von außen einschätzen. Beispiele gefällig? Kein Außenstehender kann heutzutage beurteilen, wie gut eine Großbank wirklich ist (mit Sicherheit nicht auf Basis ihrer Bilanzen). Eine Enron konnte innerhalb von Wochen vom Börsendarling zum Pleitefall abstürzen.

Gute Banker/Investoren reagieren auf diese Unsicherheit mit Hausverstand (Warren Buffett investiert nur in Unternehmen, deren Geschäft er zu verstehen glaubt und deren Managements er persönlich vertraut). Schlechte Banker/Investoren reagieren darauf mit Herdeninstinkt („wenn alle anderen Geld geben, dann muss es wohl ein gutes Risiko sein“).

Staaten als Kreditnehmer sind ein extrem schwieriger Fall für die Bonitätsanalyse, weil sie nichts produzieren und keine Umsätze haben. Staaten leben vom Steueraufkommen ihrer Bürger und von der verantwortungsvollen Verwendung derselben. Selbst wenn die Bürger eine schier unbegrenzte Bereitschaft und Fähigkeit hätten, dem Staat ihr Einkommen/Vermögen als Steuern abzuliefern, können es Staaten trotzdem schaffen, noch mehr Geld auszugeben. Wohlgemerkt: es sind die Staatsausgaben, die Steuern verursachen und nicht die Steuerpolitik!

Bei Staaten als Kreditnehmer kommt hinzu, dass das gesetzliche Regelwerk die Banken nahezu dazu verführt hat, auf die Umsicht eines ordentlichen Kaufmannes zu verzichten! Bei allen anderen Risiken waren Banken verpflichtet, Eigenkapital gemäß ihrer Risikoeinschätzung zu hinterlegen, nicht jedoch bei Staaten. Das gesetzliche Regelwerk hat unterstellt, dass Staaten risikofrei sind.

Bevor man sich also ganz überzeugt, dass der Euro als Gemeinschaftswährung ohne gemeinsame Fiskalpolitik nicht funktionieren kann, sollte man ganz genau die Gründe für die Fehlentwicklungen analysieren und sich überlegen, ob es nicht auch andere Instrumente gibt, Fehlentwicklungen zu vermeiden, ohne dass man gleich eine gemeinsame Fiskalpolitik machen muss (oder zur Landeswährung zurückkehren muss).

Der ordentliche Teil von Staatsausgaben wird in der Regel im Inland ausgegeben. Warum sollte man nicht eine Regel andenken, dass Staatsschulden für diesen Zweck nur im Inland aufgenommen werden dürfen? Das würde vielleicht besser funktionieren als jede gesetzliche Schuldenbremse. Außerordentliche Staatsausgaben (z. B. große Infrastrukturprojekte) können für den Kapitalmarkt des einzelnen Landes zu groß sein. Hierfür könnte man sehr wohl Auslandsschulden erlauben, allerdings jeweils in einer eigenen Projektgesellschaft (unter Haftung des Staates), damit die Transparenz gewährt bleibt.

Die Wirtschaft hat Ausgaben im Ausland (z. B. Importe) und deswegen muss die Wirtschaft in der Lage sein, sich im Ausland zu finanzieren. Hier wären die Kreditgeber auch in einer besseren Lage, die einzelnen Kreditrisiken zu beurteilen. Auch Banken sollten sich im Ausland finanzieren können, weil sie im Inland die Wirtschaft finanzieren. Wenn man allerdings beim Staat ein Maastricht-Signal setzt, dass sein Defizit nicht 3% überschreiten darf, dann müsste man Ähnliches bei der Wirtschaft tun. Man könnte z. B. sagen: „wenn das Leistungsbilanzdefizit 3% übersteigt, dann kommen wir in die Rote Zone und müssen die Entwicklung ganz genau hinterfragen (selbst wenn die Banken unseren eigenen Banken und Firmen weiterhin viel Geld leihen würden)“.

Der Euro hat für Bürger und Unternehmen sehr, sehr viele Vorteile gebracht (auch in Griechenland!). Man sollte deswegen nicht jetzt – mitten in einer Krise, die man zur Gänze dem Euro in die Schuhe schiebt – das Kind gleich mit dem Bad ausschütten und auf den Euro verzichten wollen.

Anders verhält es sich jedoch mit der EU als politischer Gemeinschaft. „Was nicht zusammen passt, soll man auch nicht zusammen zwingen“ lautet die herkömmliche Weisheit. Wenn unterschiedliche Kulturen innerhalb Europas nicht zusammen passen, dann sollte man sie getrennt lassen.

Das könnte aber auch der größte Fehlschluss der Geschichte werden. Eine Gemeinschaft bedeutet nicht zwingendermaßen Gleichschaltung der Kulturen. Man kann in Deutschland nicht einmal Bayern mit Hanseaten kulturell zur Gänze gleichschalten. Wie sollte dies dann zwischen Griechenland und Finnland möglich sein?

Die EU tut sich schon schwer, die Gleichschaltung bei Glühbirnen zu erreichen. Bei unterschiedlichen Kulturen wird sie das nie schaffen und man sollte dankbar dafür sein.

Die Stärke Europas liegt in der Vielfalt seiner Kulturen. Wie man diese Vielfalt unter ein gemeinsames Dach bekommt, ohne sie dabei zu zerstören, ist die eigentliche Herausforderung. Vielleicht sollte man sich in Brüssel einmal mit der Habsburg-Monarchie beschäftigen, die das ein paar Jahrhunderte lang geschafft hat. Möglicherweise könnte man davon lernen.

Eine politische Gemeinschaft braucht jedoch gewisse vergemeinschaftlichte Wertestrukturen, vor allem, was gewisse Grundwerte einer Gesellschaft betrifft. Österreich wurde einmal verurteilt, weil eine gewisse Regierungskoalition angeblich europäische Grundwerte verletzte. Darüber könnte man endlos diskutieren.

Es kann aber keine Diskussion darüber geben, dass Solidarität ein Grundwert jeder Gemeinschaft sein muss. Ohne Solidarität kann keine Gemeinschaft existieren!

Jetzt wird im Zuge der Eurokrise von allen Seiten die europäische Solidarität ins Feld geführt und damit wird – leider – das Prinzip der Solidarität falsch verstanden.

Solidarität ist ein sogenannter „bottom-up“ Prozess: wenn es sie „unten“ in der Gemeinschaft nicht gibt, dann kann es sie „oben“ schon gar nicht geben. Man kann gelebte Solidarität nur unter jenen EU-Mitgliedsstaaten erwarten, die auch im eigenen Staat Solidarität kennen und leben. Wenn in Deutschland 3 Bundesländer über den Finanzausgleich die anderen 13 Bundesländer finanzieren, ohne dass es eine Revolution gibt, dann ist das gelebte Solidarität. Wenn in Österreich 8 Bundesländer das Bundesland Kärnten retten, ohne dass es eine Revolution gibt, dann ist das auch eine Art von Solidarität.

In der griechischen Gesellschaft ist Solidarität bestenfalls beim Gewinn einer Fußballeuropameisterschaft erkennbar. Ansonsten werden griechische Steuerzahler von Nicht-Steuerzahlern ohne mit der Wimper zu zucken über den Tisch gezogen. Parteien haben jahrzehntelang die Gemeinschaft so sehr zum eigenen Nutzen über den Tisch gezogen, dass selbst die Hochblüte des österreichischen Proporzes noch Paradebeispiel für eine zivilisierte Gesellschaft wäre. Selbst die Kirchen schrecken nicht davor zurück: ein Athos-Kloster steht unter Anklage, mit einem zwielichtigen Immobiliendeal den Staat um rund 300 Millionen Euro über den Tisch gezogen zu haben.

Ein erheblicher Teil der griechischen Gesellschaft demonstriert am laufenden Band, dass er es noch nicht geschafft hat, der Vernunft Vorrang gegenüber Vorurteilen zu schenken. Ein erheblicher Teil dieser Wiege des Abendlandes schafft es nicht, die Werte seiner Philosophen zu leben und sich zu allererst einmal „selbst zu erkennen“. Stattdessen genießt man den Realitätsverlust und man lässt den Emotionen freien Lauf, den Finger immer auf andere zu zeigen.

Ohne einen funktionierenden Rechtsstaat kann man nicht mit gesellschaftlicher Solidarität rechnen. Der Rechtsstaat besteht jedoch nicht nur aus Gesetzen, sondern – und vor allem – aus einer gesellschaftlichen Kultur, die den Rechtsstaat respektiert. Würde man in Griechenland den Rechtsstaat mehr respektieren, dann gäbe es nicht – laut dem 1. Bericht der EU Task Force – unbezahlte Steuern in Höhe von 60 Mrd. EUR, davon 30 Mrd. EUR in 165.000, seit Jahren laufenden Steuerverfahren.

Mit diesen gesellschaftlichen Eigenschaften wird es schwierig, innerhalb einer großen europäischen „Schicksalsgemeinschaft“ mit der Solidarität anderer Länder zu rechnen. Das liegt aber weniger an der mangelnden Solidarität anderer, sondern an der eigenen Unfähigkeit, Solidarität zu zeigen.

Griechenland wird und soll natürlich in der EU bleiben, aber es muss anfangen, sich ernsthaft mit seinen gelebten gesellschaftlichen Werten auseinanderzusetzen und es muss eine Veränderung herbeiführen. Der 1. Bericht der EU Task Force ist ein eindrucksvolles Dokument. Wenn die EU dies erfolgreich umsetzt, dann darf man sich stolz fühlen, ein Europäer zu sein. Wenn Griechenland dabei mitmacht (was die Voraussetzung ist), dann darf Griechenland dankbar dafür sein, zur EU zu gehören. Und wenn beide erfolgreich zusammenarbeiten, dann besteht in der Tat die Chance für ein „neues Griechenland“ innerhalb von nur einer Generation!

3 comments:

  1. Hallo Herr Kastner,

    mein Kommentar ist leider etwas lang geraten und deswegen in zwei Teilen abgefasst. Hier zunächst Teil 1:


    Sie haben hier eine sehr realistische Analyse vorgenommen und sehr schön herausgestellt, wie eindimensional und deswegen begrenzt die aktuelle (öffentliche) Debatte über Lösungsmöglichkeiten für die Griechenland-/Schuldenkrise ist.

    Die EU und zuvor auch die EG ist leider immer schon von wirtschaftlichen Interessen getrieben worden. Und so nimmt es nicht wunder, dass auch die Erweiterung der EU immer unter dem Gesichtspunkt der ökonomischen Vorteilhaftigkeit gesehen wurde.

    Für die großen, wirtschaftsstarken Mitgliedstaaten ging es um die Erschließung und Sicherung der Märkte in den Beitrittsstaaten vornehmlich für ihre National Champions. Für die Beitrittsstaaten ging es um die Aussicht wirtschaftlich aufzuholen und um Mittel aus den EU-Strukturfördertöpfen.

    Allerdings war das Konzept, das in den Beitrittsstaaten und der Peripherie angewendet wurde, wie man seit der Weltwirtschaftskrise ab Ende 2008 sieht, z.B. auch in Ungarn, im Kern das der verlängerten Werkbank. Deswegen war der Aufholprozess nicht nachhaltig. Jetzt gehört die Peripherie zu den großen Verlieren der Krise und das liegt in erster Linie daran, dass das Wachstums-/Entwicklungskonzept der EU gescheitert ist - was aber leider gar nicht thematisiert wird.

    Warum dieser Weg eingeschlagen wurde, ist einfach zu erklären:

    Es gab historisch gesehen zwei Phasen, in denen die Globalisierung und die Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit auf europäischer Ebene bei der Weichenstellung für die Politik besonders wichtig waren: Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre und Mitte der 80er Jahre. Um Europa international wettbewerbsfähiger zu machen, so wurde argumentiert, brauche es moderne, schlagkräftige europäische Großunternehmen. Und Voraussetzung dafür, so wurde erkannt, waren: ein großer, gemeinsamer, harmonisierter Binnenmarkt, mithin eben auch eine gemeinsame Währung und Großbanken, die die diese Unternehmen entsprechend unterstützen und begleiten konnten.

    Das kann man in dem sogenannten "Colonna-Memorandum" (KOM (70) 100 endg, vom 18.03.1970) mit dem Titel "Die Industriepolitik der Gemeinschaft" nachlesen. Es wurde nie verabschiedet bzw. es fand keine Mehrheit im Ministerrat. Aber, so kann ich als Europaexperte sagen, die europäische Integration wurde und wird bis heute ziemlich exakt so vorangetrieben, wie es dort skizziert ist.

    Das Interessante am Colonna-Memorandum ist, dass daraus das Leitbild, an dem sich die EU orientierte, klar hervorgeht: Der Orientierungspunkt waren die USA, mit seinem großen Binnenmarkt und dem "Big Business". So sollte auch Europa werden. Darum das "Binnenmarkt-Programm" (Mitte der 80er), die Währungsunion und die Fokussierung des "Big Business" in der europäischen Wirtschafts-, Industrie- und Wettbewerbspolitik. Mehr noch wurde das europäische Big Business von der Kommission seit Ende der 70er Jahre systematisch in die Planung von Maßnahmen zur Verwirklichung dieser Vision bzw. der Umsetzung des Leitbildes miteinbezogen.

    -> Teil 2

    ReplyDelete
  2. Teil 2:

    Das Interessante am Colonna-Memorandum ist, dass daraus das Leitbild, an dem sich die EU orientierte, klar hervorgeht: Der Orientierungspunkt waren die USA, mit seinem großen Binnenmarkt und dem "Big Business". So sollte auch Europa werden. Darum das "Binnenmarkt-Programm" (Mitte der 80er), die Währungsunion und die Fokussierung des "Big Business" in der europäischen Wirtschafts-, Industrie- und Wettbewerbspolitik. Mehr noch wurde das europäische Big Business von der Kommission seit Ende der 70er Jahre systematisch in die Planung von Maßnahmen zur Verwirklichung dieser Vision bzw. der Umsetzung des Leitbildes miteinbezogen.

    Vom wirtschaftswissenschaftlichen Standpunkt aus betrachtet, orientierte sich das Colonna-Memorandum dabei am Wettbewerbs- bzw. wirtschaftspolitischen Leitbild "funktionsfähiger Wettbewerb", das von der Hypothese ausgeht, dass Märkte dann optimal zu Wachstum und Beschäftigung beitragen, wenn sie von wenigen, großen Unternehmen dominiert werden, weil diese als den KMU in überlegener Weise als effizient und innovativ angesehen wurden.

    Die Hypothese war immer umstritten, hat sich aber wirtschaftspolitisch (in den Industriestaaten) durchgesetzt und bis heute behauptet.

    Lange Zeit hat das funktioniert. Aber seit mehr als einer Dekade sind auf vielen, global bedeutsamen Märkten sowohl Sättigungs- und Stagnationstendenzen als auch eindeutig Verkrustungserscheinungen auszumachen. Deswegen geht das Wchstumskonzept der EU jetzt nicht mehr auf.

    Und darum geht es auch in Griechenland. Aber es ist im Kern ein europäisches Problem, das einer europäischen Lösung bedarf. Es ist auch deswegen völlig falsch, den Euro und die Verschuldungsproblematik als die Hauptprobleme der Krise anzusehen.

    Grüße
    SLE

    (PS: Ich habe dazu in meinem Blog diverse Afsätze geschrieben - falls sich jemand tiefergehend informieren möchte.)

    ReplyDelete
  3. Hier ist meine Antwort auf Kommentare, die in Andreas-Unterberger.at (wo der Artikel veröffentlicht wurde) gemacht wurden.

    Nach Sichtung der bisherigen Kommentare meine ich, dass Markus Theiner mit seiner Darstellung den Nagel auf den Kopf getroffen hat. Der „Sündenfall“ der EU-Eliten war es, von Anfang an etwas, was ein reines Griechenlandproblem war, in eine Krise des Euro und der EU hochzustilisieren. Hätte man das nicht getan, dann hätte es folgenden Sachverhalt gegeben: einen Kreditnehmer in Euroland (den griechischen Staat), der seine Schulden nicht mehr bedienen kann und deswegen umschulden muss. Leider haben EU-Eliten nicht gewusst, dass staatliche Umschuldungen außerhalb von Europa in den letzten Jahrzehnten beinahe schon zum Alltag gehörten. Natürlich hätte es aufgrund der Dimensionen bei einer Umschuldung Griechenlands zunächst einmal die eine oder andere Schockwelle auf den Märkten gegeben, wenn aber ordentlich durchgeführt, dann würde man sich heute wohl kaum mehr daran erinnern.

    Nicht der Euro hat zur Überschuldung Griechenlands geführt, sondern die Flut an Schulden, die nach Griechenland geflossen ist. Von 2001-10 sind 283 Mrd. EUR (netto!) an Auslandsschulden in die griechische Wirtschaft geflossen. Wäre das in den letzten 10 Jahren der Drachme passiert, hätte es das gleiche Desaster verursacht. Natürlich hätte man die 3 Punkte von Markus Theiner von vorneherein klar machen müssen, man könnte jedoch auch behaupten, dass diese 3 Punkte jedem verantwortungsvollen Banker klar sein hätten müssen, selbst wenn sie nicht explizit klar gemacht wurden.

    Obwohl Alabama ein Bundesstaat der USA ist und die USA eine einheitliche Währung und eine zentrale Finanzpolitik haben, würde niemand von außen 283 Mrd. EUR (bzw. USD) nach Alabama schicken, ohne sich nicht vorher zu fragen, was denn Alabama mit diesem Geld eigentlich macht.

    Zu den Vorteilen des Euro? Finanzministerin Fekter hat kürzlich verkündet, dass ein Zusammenbrechen des Euro für die österreichische Wirtschaft schätzungsweise einen GDP-Ausfall von bis zu 40 Mrd. EUR bedeuten würde. Das sind über 10% unseres Nationalproduktes. Selbst wenn es im Jahresdurchschnitt der letzten 10 Jahre nur 5% waren, dann war es allemal besser, diese 5% zu haben als sich nicht zu haben.

    Zur Griechenland-Hilfe? Bisher sind 165 Mrd. EUR innerhalb der Rettungsschirme vom Ausland an den griechischen Staat geflossen. Vom griechischen Staat sind in dieser Zeit mehr als 165 Mrd. EUR als Zinszahlungen und Tilgungen in Ausland geflossen. Soviel zum Thema „Griechenland-Hilfe“.

    Die erste wirklich gute Nachricht ist m. E. der 1. Bericht der EU Task Force. Da kann man sehen, in welch desolatem Zustand Griechenland wirklich ist (viel desolater, als es den EU-Eliten bewusst ist). Gleichzeitig kann man daraus schließen, welches Potential Griechenland vor sich haben könnte, wenn es die vorgeschlagenen Projekte in Angriff nimmt und erfolgreich umsetzt.

    Meine griechischen Freunde, „gelernte Griechen“, warnen mich, euphorisch zu sein. Sie prophezeien mir, dass sich in den wichtigen Punkten in Griechenland nichts ändern wird. Mag schon sein, aber man sollte dem Versuch eine Chance geben. Es wäre der 1. Versuch dieser Art in der jüngeren griechischen Geschichte.

    http://www.andreas-unterberger.at/2011/11/plaedoyer-fuer-den-euro/

    ReplyDelete