tag:blogger.com,1999:blog-5882645467378797266.post1272955942990620929..comments2023-07-17T11:55:51.363+02:00Comments on ObservingGreece: Plädoyer für den Euro (aber nicht unbedingt für die EU)kleinguthttp://www.blogger.com/profile/12491174042954678023noreply@blogger.comBlogger3125tag:blogger.com,1999:blog-5882645467378797266.post-39698824939672060102011-11-20T16:51:02.642+01:002011-11-20T16:51:02.642+01:00Hier ist meine Antwort auf Kommentare, die in Andr...Hier ist meine Antwort auf Kommentare, die in Andreas-Unterberger.at (wo der Artikel veröffentlicht wurde) gemacht wurden.<br /><br />Nach Sichtung der bisherigen Kommentare meine ich, dass Markus Theiner mit seiner Darstellung den Nagel auf den Kopf getroffen hat. Der „Sündenfall“ der EU-Eliten war es, von Anfang an etwas, was ein reines Griechenlandproblem war, in eine Krise des Euro und der EU hochzustilisieren. Hätte man das nicht getan, dann hätte es folgenden Sachverhalt gegeben: einen Kreditnehmer in Euroland (den griechischen Staat), der seine Schulden nicht mehr bedienen kann und deswegen umschulden muss. Leider haben EU-Eliten nicht gewusst, dass staatliche Umschuldungen außerhalb von Europa in den letzten Jahrzehnten beinahe schon zum Alltag gehörten. Natürlich hätte es aufgrund der Dimensionen bei einer Umschuldung Griechenlands zunächst einmal die eine oder andere Schockwelle auf den Märkten gegeben, wenn aber ordentlich durchgeführt, dann würde man sich heute wohl kaum mehr daran erinnern.<br /><br />Nicht der Euro hat zur Überschuldung Griechenlands geführt, sondern die Flut an Schulden, die nach Griechenland geflossen ist. Von 2001-10 sind 283 Mrd. EUR (netto!) an Auslandsschulden in die griechische Wirtschaft geflossen. Wäre das in den letzten 10 Jahren der Drachme passiert, hätte es das gleiche Desaster verursacht. Natürlich hätte man die 3 Punkte von Markus Theiner von vorneherein klar machen müssen, man könnte jedoch auch behaupten, dass diese 3 Punkte jedem verantwortungsvollen Banker klar sein hätten müssen, selbst wenn sie nicht explizit klar gemacht wurden.<br /><br />Obwohl Alabama ein Bundesstaat der USA ist und die USA eine einheitliche Währung und eine zentrale Finanzpolitik haben, würde niemand von außen 283 Mrd. EUR (bzw. USD) nach Alabama schicken, ohne sich nicht vorher zu fragen, was denn Alabama mit diesem Geld eigentlich macht.<br /><br />Zu den Vorteilen des Euro? Finanzministerin Fekter hat kürzlich verkündet, dass ein Zusammenbrechen des Euro für die österreichische Wirtschaft schätzungsweise einen GDP-Ausfall von bis zu 40 Mrd. EUR bedeuten würde. Das sind über 10% unseres Nationalproduktes. Selbst wenn es im Jahresdurchschnitt der letzten 10 Jahre nur 5% waren, dann war es allemal besser, diese 5% zu haben als sich nicht zu haben.<br /><br />Zur Griechenland-Hilfe? Bisher sind 165 Mrd. EUR innerhalb der Rettungsschirme vom Ausland an den griechischen Staat geflossen. Vom griechischen Staat sind in dieser Zeit mehr als 165 Mrd. EUR als Zinszahlungen und Tilgungen in Ausland geflossen. Soviel zum Thema „Griechenland-Hilfe“.<br /><br />Die erste wirklich gute Nachricht ist m. E. der 1. Bericht der EU Task Force. Da kann man sehen, in welch desolatem Zustand Griechenland wirklich ist (viel desolater, als es den EU-Eliten bewusst ist). Gleichzeitig kann man daraus schließen, welches Potential Griechenland vor sich haben könnte, wenn es die vorgeschlagenen Projekte in Angriff nimmt und erfolgreich umsetzt.<br /><br />Meine griechischen Freunde, „gelernte Griechen“, warnen mich, euphorisch zu sein. Sie prophezeien mir, dass sich in den wichtigen Punkten in Griechenland nichts ändern wird. Mag schon sein, aber man sollte dem Versuch eine Chance geben. Es wäre der 1. Versuch dieser Art in der jüngeren griechischen Geschichte.<br /><br />http://www.andreas-unterberger.at/2011/11/plaedoyer-fuer-den-euro/kleinguthttps://www.blogger.com/profile/12491174042954678023noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5882645467378797266.post-37163373609351148142011-11-20T12:52:21.868+01:002011-11-20T12:52:21.868+01:00Teil 2:
Das Interessante am Colonna-Memorandum is...Teil 2:<br /><br />Das Interessante am Colonna-Memorandum ist, dass daraus das Leitbild, an dem sich die EU orientierte, klar hervorgeht: Der Orientierungspunkt waren die USA, mit seinem großen Binnenmarkt und dem "Big Business". So sollte auch Europa werden. Darum das "Binnenmarkt-Programm" (Mitte der 80er), die Währungsunion und die Fokussierung des "Big Business" in der europäischen Wirtschafts-, Industrie- und Wettbewerbspolitik. Mehr noch wurde das europäische Big Business von der Kommission seit Ende der 70er Jahre systematisch in die Planung von Maßnahmen zur Verwirklichung dieser Vision bzw. der Umsetzung des Leitbildes miteinbezogen.<br /><br />Vom wirtschaftswissenschaftlichen Standpunkt aus betrachtet, orientierte sich das Colonna-Memorandum dabei am Wettbewerbs- bzw. wirtschaftspolitischen Leitbild "funktionsfähiger Wettbewerb", das von der Hypothese ausgeht, dass Märkte dann optimal zu Wachstum und Beschäftigung beitragen, wenn sie von wenigen, großen Unternehmen dominiert werden, weil diese als den KMU in überlegener Weise als effizient und innovativ angesehen wurden.<br /><br />Die Hypothese war immer umstritten, hat sich aber wirtschaftspolitisch (in den Industriestaaten) durchgesetzt und bis heute behauptet.<br /><br />Lange Zeit hat das funktioniert. Aber seit mehr als einer Dekade sind auf vielen, global bedeutsamen Märkten sowohl Sättigungs- und Stagnationstendenzen als auch eindeutig Verkrustungserscheinungen auszumachen. Deswegen geht das Wchstumskonzept der EU jetzt nicht mehr auf.<br /><br />Und darum geht es auch in Griechenland. Aber es ist im Kern ein europäisches Problem, das einer europäischen Lösung bedarf. Es ist auch deswegen völlig falsch, den Euro und die Verschuldungsproblematik als die Hauptprobleme der Krise anzusehen.<br /><br />Grüße<br />SLE<br /><br />(PS: Ich habe dazu in meinem Blog diverse Afsätze geschrieben - falls sich jemand tiefergehend informieren möchte.)Dr. Stefan L. Eichnerhttps://www.blogger.com/profile/08025403124679358975noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5882645467378797266.post-84431509026767500032011-11-20T12:50:27.337+01:002011-11-20T12:50:27.337+01:00Hallo Herr Kastner,
mein Kommentar ist leider etw...Hallo Herr Kastner,<br /><br />mein Kommentar ist leider etwas lang geraten und deswegen in zwei Teilen abgefasst. Hier zunächst Teil 1:<br /><br /><br />Sie haben hier eine sehr realistische Analyse vorgenommen und sehr schön herausgestellt, wie eindimensional und deswegen begrenzt die aktuelle (öffentliche) Debatte über Lösungsmöglichkeiten für die Griechenland-/Schuldenkrise ist.<br /><br />Die EU und zuvor auch die EG ist leider immer schon von wirtschaftlichen Interessen getrieben worden. Und so nimmt es nicht wunder, dass auch die Erweiterung der EU immer unter dem Gesichtspunkt der ökonomischen Vorteilhaftigkeit gesehen wurde.<br /><br />Für die großen, wirtschaftsstarken Mitgliedstaaten ging es um die Erschließung und Sicherung der Märkte in den Beitrittsstaaten vornehmlich für ihre National Champions. Für die Beitrittsstaaten ging es um die Aussicht wirtschaftlich aufzuholen und um Mittel aus den EU-Strukturfördertöpfen.<br /><br />Allerdings war das Konzept, das in den Beitrittsstaaten und der Peripherie angewendet wurde, wie man seit der Weltwirtschaftskrise ab Ende 2008 sieht, z.B. auch in Ungarn, im Kern das der verlängerten Werkbank. Deswegen war der Aufholprozess nicht nachhaltig. Jetzt gehört die Peripherie zu den großen Verlieren der Krise und das liegt in erster Linie daran, dass das Wachstums-/Entwicklungskonzept der EU gescheitert ist - was aber leider gar nicht thematisiert wird.<br /><br />Warum dieser Weg eingeschlagen wurde, ist einfach zu erklären:<br /><br />Es gab historisch gesehen zwei Phasen, in denen die Globalisierung und die Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit auf europäischer Ebene bei der Weichenstellung für die Politik besonders wichtig waren: Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre und Mitte der 80er Jahre. Um Europa international wettbewerbsfähiger zu machen, so wurde argumentiert, brauche es moderne, schlagkräftige europäische Großunternehmen. Und Voraussetzung dafür, so wurde erkannt, waren: ein großer, gemeinsamer, harmonisierter Binnenmarkt, mithin eben auch eine gemeinsame Währung und Großbanken, die die diese Unternehmen entsprechend unterstützen und begleiten konnten.<br /><br />Das kann man in dem sogenannten "Colonna-Memorandum" (KOM (70) 100 endg, vom 18.03.1970) mit dem Titel "Die Industriepolitik der Gemeinschaft" nachlesen. Es wurde nie verabschiedet bzw. es fand keine Mehrheit im Ministerrat. Aber, so kann ich als Europaexperte sagen, die europäische Integration wurde und wird bis heute ziemlich exakt so vorangetrieben, wie es dort skizziert ist.<br /><br />Das Interessante am Colonna-Memorandum ist, dass daraus das Leitbild, an dem sich die EU orientierte, klar hervorgeht: Der Orientierungspunkt waren die USA, mit seinem großen Binnenmarkt und dem "Big Business". So sollte auch Europa werden. Darum das "Binnenmarkt-Programm" (Mitte der 80er), die Währungsunion und die Fokussierung des "Big Business" in der europäischen Wirtschafts-, Industrie- und Wettbewerbspolitik. Mehr noch wurde das europäische Big Business von der Kommission seit Ende der 70er Jahre systematisch in die Planung von Maßnahmen zur Verwirklichung dieser Vision bzw. der Umsetzung des Leitbildes miteinbezogen.<br /><br />-> Teil 2Dr. Stefan L. Eichnerhttps://www.blogger.com/profile/08025403124679358975noreply@blogger.com