Friday, September 30, 2011

Schuldenschnitt (Haircut)

Ein Schuldenschnitt (Haircut) bei einem EU-Mitglied nach nur 3 Jahren Krise wäre ein Präzedenzfall ungeahnten Ausmaßes, dessen langfristige Folgewirkungen nicht einmal annähernd eingeschätzt werden können. Haircuts von Staatsschulden hat es in der jüngeren Geschichte nur in 2 Situationen gegeben: entweder weil ein Land der „4. Welt“ so arm war, dass ein Ausweg aus der Armut nicht vorstellbar war, und auch dann gab es solche Haircuts erst nach jahrelangen Verhandlungen. Oder weil ein Land sich von einer einmaligen Zerstörung erholen musste (Deutschland nach dem 2. Weltkrieg).

Bei einem Unternehmen kann ein Haircut erforderlich sein, weil ein Unternehmen bilanzieren muss und weil es ohne Haircut möglicherweise nicht mehr bilanzieren könnte und Insolvenz beantragen müsste. Ein Staat ist ein Einnahmen-/Ausgabenrechner: es fließen nur jene Ausgaben durch den Staatshaushalt, die auch tatsächlich bezahlt werden. Würde ein Staat keine Zinsen bezahlen (weil sie beispielsweise gestundet wurden), dann hätte er keinen Zinsaufwand im Staatshaushalt.

Es gibt kaum Staaten, die jemals ihre Staatsschulden zur Gänze getilgt (d. h. „bezahlt“) haben. Es gibt derzeit nur wenige Staaten, die ihre Schulden in absoluten Beträgen reduzieren. Warum werden dann Ausdrücke wie z. B. „Land xy muss seine Schulden reduzieren“ überhaupt verwendet? Weil sich eingebürgert hat, Staatsschulden nicht in absoluten Beträgen, sondern in Prozent der Wirtschaftsleistung zu messen. Wenn die Wirtschaftsleistung rascher wächst als die Verschuldung, dann sinkt die Quote der Staatsverschuldung.

Ein Staat zahlt also seine Schulden nur ganz selten in absoluten Beträgen zurück, sondern er „refinanziert“ seine Schulden, d. h. er macht Umschuldungen. Wenn – wie heutzutage oft der Fall – eine Umschuldung mit einer Pleite gleichgestellt wird, dann geht Deutschland andauernd pleite. Deutschland muss andauernd neue Schulden mit längeren Laufzeiten aufnehmen, um fällig werdende Schulden bezahlen zu können.

Es ist also nicht die Umschuldung per se das Problem, sondern die Frage ist, ob ein Staat eine Umschuldung seiner Schulden freiwillig bekommen kann. Deutschland kann das aufgrund seiner ausgezeichneten Bonität. Griechenland kann das nicht (mehr).

Das beste Beispiel hierfür ist das krisengebeutelte Mexiko, dass vor nicht allzu langer Zeit eine 99-Jahre Anleihe erfolgreich platzieren konnte. Kein derzeit Lebender wird die Fälligkeit (d. h. die Rückzahlung) dieser Anleihe erleben, aber jeder wird Zinsen erhalten und wenn er das Kapital vorzeitig zurückhaben möchte, kann er die Anleihe im Sekundärmarkt verkaufen. Der jeweilige Marktpreis im Sekundärmarkt wird dadurch der beste Indikator, wie die Bonität Mexikos vom Markt eingeschätzt wird.

Natürlich muss man einen Staatshaushalt wie z. B. jenen Griechenlands von der nicht verkraftbaren Last des Schuldendienstes – vorübergehend – entlasten. Das erreicht man dadurch, dass man beispielsweise die Fälligkeiten von Kapital und Zinsen bei 50% der Schulden auf 30 Jahre verlängert (umschuldet). Das wäre gewissermaßen ein „Haircut auf 30 Jahre“; die Schulden bleiben aber de jure bestehen.

Warum darf man bei einem Staat einen Haircut nicht zu rasch machen? Erstens, weil ein Staat nicht verschwinden kann, ein Unternehmen jedoch schon. Enron gibt es nicht mehr, Griechenland wird es wohl immer geben. Und zweitens: über längere Zeiträume hinweg (20-30 Jahre) kann sich die Bonität bzw. Refinanzierungsfähigkeit eines Staates vollkommen drehen. Je schwächer der Staat, desto rascher kann sich seine Bonität verbessern, wenn richtige Maßnahmen erfolgreich umgesetzt werden. Niemand kann heute voraussagen, dass Griechenland auch in 20-30 Jahren seine heutigen Schuldenprobleme nicht gelöst haben wird.

Nach 10, 20 oder 30 Jahren kann man dann langsam darüber nachdenken, ob man nicht doch einen Schuldenschnitt gestatten sollte. Aber nach nur 3 Jahren Krise ist das viel zu früh!

35 comments:

  1. Klingt alles ganz nachvollziehbar und weniger brutal als man das sonst so liest.

    Warum wird es dann nur von den LINKEN (z.B.) propagiert?

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  2. Ich vermute, es hat damit zu tun, dass es der Politik einfach nicht gelingen will, die Banken zu einer größeren Verlustübernahme zu überreden (die derzeit erwähnten 21% sind eine Charade, weil sie auf NPV-Rechnungen basieren. Der tatsächlicher Verzicht ist nicht 21%, sondern kaum mehr als 10%; und das bei Papieren, für die man im Markt bestenfalls 50% der Nominale bekommen würde, wenn überhaupt).

    Wenn man also die Banken dazu drängen könnte, 50% der Verluste zu übernehmen, dann würden viele Banken staatliches Eigenkapital benötigen und die Politik könnte eingreifen.

    Wesentlich sinnvoller wäre es, die Banken per Verordnung zu zwingen, alle ihre Staatsanleihen auf Marktwerte wertzuberichtigen. Dann bräuchten einerseits die Banken noch mehr Staatskapital (zumindest vorübergehend), aber ihr Rechtsanspruch, die Kredite in einigen Jahrzehnten (wenn Griechenland wieder AAA-Bonität ist...) wieder zu 100% getilgt zu bekommen, bleibt aufecht. Der Staat bekommt das, was er sill (Eingriff in die Banken) und die Banken behalten, was sie behalten sollen (Recht auf Rückzahlung in späteren Generationen).

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  3. Schuldner, Gläubiger, Schuldenschnitt

    Ich nehme Ihren Text noch einmal auf (obwohl er aus dem September 2011 stammt). Zunächst vielen Dank für Ihre Erläuterungen zum Schuldenschnitt. Angesichts Ihrer Darlegungen und Erläuterungen stellen sich bei mir eine Vielzahl von Fragen ein.

    Wie kann es sein, daß Staaten, die über keine gute Bonität verfügen, sich dennoch offensichtlich sehr leicht und zu guten Konditionen immer wieder Geld an den Kapitalmärkten leihen können?
    Warum geben Kapitaleigner – seien es z.B. Pensionsfonds, Hedgefonds oder andere Kapitalfonds – ihr gutes Geld solchen Wackelkandidaten wie z.B. Mexiko, Argentinien, Spanien oder Portugal? Es steht zu vermuten, daß etliche Gläubiger ihre Schuldscheine an den Sekundärmärkten mit gewissen Verlusten verkaufen (so wie im Falle von Griechenland).

    Warum lassen sich Gläubiger darauf ein, daß sie die Schulden ihrer Schuldner quasi selber bezahlen? Etwa durch Refinanzierung und Umschuldungen? Beispiel: Ich habe meinem Nachbarn zu bestimmten Konditionen 1000 Euro geliehen. Zum Zeitpunkt der Rückzahlung sagt mein Nachbar zu mir sinngemäß: "Ich kann dir das Geld nicht zurückzahlen; ganz im Gegenteil, ich brauche noch mehr von dir. Wir machen jetzt folgendes: Du gibst mit jetzt 1500 Euro. Von diesen 1500 Euro gebe ich dir 1000 zurück (das ist das, was man „refinanzieren“ nennt; man bezahlt Schulden durch und mit neuen Schulden) und 500 behalte ich für mich. Ich stehe jetzt bei dir mit 1500 Euro in der Kreide." Ich als Gläubiger habe lediglich die vereinbarten Zinsen erhalten (sagen wir 2 %); die hat mein Gläubiger aus eigener Tasche bezahlt; meine Forderungen belaufen sich jetzt auf 1500 Euro.

    Könnte der Grund für die Freigebigkeit von Kapitaleigner sein, daß es weltweit Billionen und aber Billionen von Geldern (Dollars, Euros) gibt, die verzweifelt nach Anlagemöglichkeiten suchen? Daß es einen gewaltigen Überhang an Geld gibt?

    Zusatzfrage:
    Beim ersten Schuldenerlaß Griechenlands in Höhe von ca. 100 Milliarden Talern von sogenannten „privaten Gläubigern“ (also Banken etc.) soll es clevere Spekulanten gegeben haben, die daran sogar noch gut verdient haben sollen?! Wie ist so etwas möglich? Ich vermute auf Kosten der Steuerzahler? Aber wie?

    Bakwahn
    PC-Support und Netzwerkadministration

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    1. Warum geben Investoren Wackelkandidaten Geld? Einige tun das nicht ganz freiwillig: Großbanken könnten beispielsweise von der EZB und/oder von der Politik "Empfehlungen" bekommen, dies zu tun und niemand will es sich mit der EZB/Politik ganz verscherzen.

      Zu jenen, die es ganz freiwillig tun. Sie tun es in der Erwartung, dass es eine gute Investition mit einer attraktiven Rendite sein wird. Wenn ein Investor davon ausgeht, dass Italien NIE pleite gehen kann (beispielsweise weil er darauf vertraut, dass die EU Italien IMMER retten wird), dann ist eine Rendite von beispielsweise 6% ein Traum (fast 6% besser als bei Deutschland).

      Oder der Investor meint, dass er das Papier zu einem späteren Zeitpunkt mit Profit verkaufen kann. Wenn er einen 6%-Koupon kauft und etwas später gehen Italiens Zinsen auf 3% runter, dann macht der Originalinvestor im Sekundärmarkt einen schönen Kursgewinn.

      Die richtigen Spekulanten agieren im Sekundärmarkt. Nach dem Schuldenschnitt waren griechische Anleihen zu 14% von der Nominale im Markt zu kaufen. Zwischenzeitlich bewegen sich die Abschläge in Richtung 30%. Ich kenne jemanden, der hat vor wenigen Monaten zu 14% eingekauft und dann zu 28% verkauft, d. h. er hat seinen Einsatz verdoppelt. Wer hat diesen Gewinn bezahlt? Weder Griechenland noch der Steuerzahler. Es war "der Markt", d. h. irgendjemand im Markt wollte zu 14% verkaufen, später aber dann zu 28% wieder kaufen.

      Bei Firmen/Staaten ist es anders, als bei Privaten. Ein Privater nimmt einen Hauskredit auf und zahlt ihn im Zuge der Jahre zurück. Dann ist er schuldenfrei.

      Eine Firma arbeitet nie ausschließlich mit Eigenkapital; sie verwendet immer auch Fremdkapital, d. h. auch Kredite. Da die meisten Unternehmen wachsen, wächst auch ihre Bilanzsumme und somit der Finanzierungsbedarf. Wenn Kredite fällig werden, werden neue Kredite aufgenommen. Sehr oft bei der selben Bank, weil eine Bank ja keinen guten Kunden verlieren möchte. Der Trick ist, dass alles freiwillig geschehen muss.

      Natürlich ist die Freigiebigkeit der Banken auf die enorme Liquidität der letzten 10-15 Jahre zurückzuführen. M. E. hat Alan Greenspan von der Fed damit angefangen, billiges Geld in den Markt zu pumpen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Seit Beginn der Krise wird von allen Notenbanken fast nur mehr gepumpt. Dieses Geld muss dann irgendwo Verwendung finden.

      Anders ausgedrückt, hätte es diese Liquidität nicht gegeben, dann gäbe es heute nicht das große Schuldenproblem. Man muss aber hinzufügen, dass dann die Südländer in den letzten 10-15 Jahren nicht den Aufschwung gehabt hätten und dass ein Land wie Deutschland wahrscheinlich viel mehr Arbeitslosigkeit gehabt hätte. Schulden per se sind nicht das Problem; es hängt davon ab, wofür sie verwendet werden. Hätte der Süden den Großteil der Schulden in vernünftige Projekte investiert, dann gäbe es dort heute Nirwana und die Projekte würden jenen Cash generieren, der für den Schuldendienst erforderlich ist. Wenn Schulden für Konsum ausgegeben werden, dass ist die Freude des Konsums rasch verbraucht, die Schulden bleiben jedoch bestehen.

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  4. Danke für Ihre prompte Antwort. Prima!
    Insgesamt kann ich Ihren Erklärungen folgen und verstehen. Bin argumentativ auf Ihrer Seite.
    Aber eine Verständnisfrage:
    Sie schreiben: „Hätte der Süden den Großteil der Schulden in vernünftige Projekte investiert, dann gäbe es dort heute Nirwana und die Projekte würden jenen Cash generieren, der für den Schuldendienst erforderlich ist.“
    Es muß meiner Meinung nach heißen: … gäbe es dort kein Nirwana“ dann machen Ihre Ausführungen Sinn. Oder?

    Bakwahn

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    1. Was ich behaupte, ist: wäre ein Großteil der Schulden Griechenlands nicht für Konsum (wie gehabt), sondern für sinnvolle Investitionen verwendet worden, dann gäbe es heute in Griechenland blühende Landschaften, weil es überall gut gehende Projekte gäbe, die Ertrag abwerfen, um die Schulden zu bedienen. Das meine ich mit Nirwana.

      Stellen Sie sich vor, Sie nehmen für einen Urlaub einen Kredit auf. Wenn Sie zurückkommen, ist der Urlaub vorbei, aber kein Geld mehr da, den Kredit zurückzuzahlen. Hätten Sie sich mit dem Geld ein Zimmer gekauft und an einen Studenten vermietet, dann hätten Sie jetzt Mieteinkommen, um den Kredit zu bedienen (und das Eigentum des Zimmers).

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  5. Ich verstehe als Finanzlaie die Sache mit den Staatsanleihen und den Sekundärmärkten möglicherweise – aufgrund von fehlenden Kenntnissen – nicht richtig. Sie schreiben: „…. Oder der Investor meint, dass er das Papier zu einem späteren Zeitpunkt mit Profit verkaufen kann. Wenn er einen 6%-Koupon kauft und etwas später gehen Italiens Zinsen auf 3% runter, dann macht der Originalinvestor im Sekundärmarkt einen schönen Kursgewinn.“
    Wie das???

    Ich greife Ihr Italienbeispiel noch einmal auf. Bank A kauft direkt von Italien Staatsanleihen in Höhe von 1 Milliarde Euro (also am Primärmarkt) zu klar definierten Bedingungen (Laufzeit 10 Jahre, 6% Zinsen pro Jahr, Rückzahlung des geliehenen Geldes in genau 10 Jahren). An diesem Vertrag ändert sich doch nichts mehr, auch nicht im Nachhinein, oder? Nach jedem vergangenen Jahr zahlt Italien an die Gläubigerbank A 60 Millionen Euro Zinsen. Richtig?
    Nach einiger Zeit bekommt Italien zu weit günstigeren Bedingungen Geld geliehen; z.B. 3 %. Davon ist aber die 6%ige Anleihe nicht betroffen! Die läuft weiter zu den vereinbarten Konditionen! Warum sollte die Bank A ihre 6%igen Anleihen jetzt auf dem Sekundärmarkt verkaufen? Die Bänker bei Bank A sind doch nicht besoffen? Oder?
    Eine Regel drängt sich auf: Bei fallenden Zinsen für Staatsanleihen die höher verzinsten Anleihen behalten!

    Fragen:
    Was ist bei steigenden Zinsen für Anleihen?
    Italien muß einige Zeit später statt 6 - sagen wir - 9% bezahlen?
    Welcher Dummkopf kauft 6%ige Anleihen, die ihm die Bank A versucht anzudrehen, wenn er sein Geld mit den neuen Anleihen von Italien mit 9% verzinst bekommt?

    Fragen zum Sekundärmarkt:
    Kann es sein, daß Gläubiger ihr Anleihen zu anderen Preisen auf diesem Markt verkaufen und auch kaufen, als die Anleihen ursprünglich gekostet haben?
    Mein Beispiel von oben: Bank A verkauft das Paket, das sie für eine Milliarde von Italien erworben hat – je nach Marktlage - zu einem höheren oder niedrigeren Preis.
    Oh mein Gott! Herr Kastner, das ist ein Hauen und ein Stechen, ein sich „gegenseitig-über-den-Tisch-ziehen“. Spekulation pur! Da mag zwar Geld gewonnen werden, aber da wird auch viel verbrannt.

    Bakwahn

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    1. Bank A kauft die Anleihe mit 6% Zinsen zum Ausgabekurs von 100. Solange Italiens Zinsen bei 6% bleiben, werden diese Anleihen im Sekundärmarkt mit 100 handeln. Sollten Italiens Zinsen über 6% steigen, dann sinkt der Sekundärmarktkurs unter 100, sollten sie auf 3% sinken, dann steigt der Sekundärmarktkurs deutlich, beispielsweise auf 105). Sollte dann Bank A im Sekundärmarkt verkaufen, bekommt sie ihre Rendite im Wege von 6% Zinsen plus 5% Kursgewinn.

      Nominalbetrag und Zinssatz der Anleihe bleiben selbstverändlich auf die Laufzeit unverändert. Was sich täglich ändern kann, sind die Kauf/Verkaufskurse im Sekundärmarkt. Es gibt sicherlich noch Bundesanleihen mit einem Zinssatz von ca. 4-5% im Markt, d. h. 4-5% höher als derzeit. Diese werden sie aber nicht zum Kurs von 100 kaufen können; das wäre doch etwas zu einfach. Da werden Sie wohl 105 oder mehr zahlen müssen und wenn Sie sich das durchrechnen, dann werden Sie feststellen, dass Ihre Gesamtrendite genau dort ist, wo derzeit Deutschlands Zinsens ind.

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  6. Recht vielen Dank für Ihre Erläuterungen. Natürlich, klar! Ich blick da jetzt durch.

    Ich möchte noch einmal nachhaken. Sie schreiben über das viele Geld, das um den Erdball herumschwirrt und nach günstigen Anlagemöglichkeiten sucht, folgendes:
    „Natürlich ist die Freigiebigkeit der Banken auf die enorme Liquidität der letzten 10-15 Jahre zurückzuführen. M. E. hat Alan Greenspan von der Fed damit angefangen, billiges Geld in den Markt zu pumpen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Seit Beginn der Krise wird von allen Notenbanken fast nur mehr gepumpt. Dieses Geld muss dann irgendwo Verwendung finden.“
    Ich möchte hier unterscheiden:
    a) Da ist weltweit viel erspartes Geld in privater Hand, etwa in Form von Sparverträgen, Altersvorsorge, Lebensversicherungen etc., das sich bei Banken, Versicherungen, Pensionsfonds etc. konzentriert findet. Das ist Geld, das verdient, erwirtschaftet und erspart, gespart worden ist.

    b)Dann gibt es das viele Geld, das sich die Banken bei ihren Zentralnoteninstituten für extrem niedrige Zinsen (ca. 1%) leihen; z.B. bei der FED und der EZB. Gerade die EZB hat in den vergangenen Monaten die Banken der Eurozone mit ca. 1 Billion Euro versorgt zu ca. 1%, dafür aber zu einer kurzen Laufzeit von vielleicht 1 bis 2 Jahren. So stand es in der FAZ, WiWo, Handelsblatt etc.

    Diskussion:
    Beide Formen von Geld – das Ersparte und das neu Geschöpfte – suchen nach Anlageformen.
    Das Geld, das bei Versicherungen und Pensionsfonds liegt, darf nur in bestimmte – weniger riskante Anlageformen - investiert werden; z.B. in Staatsanleihen.
    Das geschöpfte bzw. das von den Noteninstituten geliehene Geld der Banken sollte in Investitionen der Realwirtschaft gehen. Die Banken sollen Firmen, Unternehmen der Realwirtschaft zu günstigen Zinsen Geld für deren Investitionen leihen. Soweit die Theorie. Es steht jedoch zu vermuten, daß der größte Teil des geschöpften und zu einem Niedrigzins von den Notenbanken geliehenen Geldes von den Banken gar nicht an die Realwirtschaft weitergegeben wird, sondern die Banken weiterhin – wie vor der Finanz- und Immobilienkrise 2007 – im Investmentbanking riskante Geschäfte machen.

    Bakwahn

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  7. Die EZB und ihre Geldflutung:
    Das ist eine verdeckte Form der Staatsfinanzierung des Club Méditerranée. Das war und ist auch der eigentliche Grund für die EZB, den Bankenmarkt mit billigem Geld zu fluten. Die Banken der südlichen Krisenländer verfügen jetzt dank der EZB über sehr viel Geld, um ihren Ländern die Staatsanleihen abzukaufen; für die betroffenen Länder zu günstigen Zinsen (ca. 4%).

    Lassen Sie mich meine linguistische Lupe herausholen:
    Einige unartige Euphemismen: Refinanzieren, Refinanzierung!
    Ich möchte einige Begriffe und Formulierungen der Finanzsprache unter die linguistische Lupe nehmen.
    Im Jahre 2012 muß Italien und auch Spanien viele Milliarden Euro an Schulden zurückzahlen. In der Presse wurden unterschiedliche Summen genannt; jedenfalls geht es um ca. 500 Milliarden Euro, die zur Rückzahlung anstehen. Dazu sind diese Länder aber überhaupt nicht fähig. In Artikeln und Blogbeiträgenspricht man in diesem Zusammenhang von „refinanzieren“. Diese so scheinbar harmlose Vokabel wird in allen seinen linguistischen Variationen in der Öffentlichkeit (Fernsehen, Rundfunk, Presse) immer dann verwendet, wenn es um die Rückzahlung von großen Krediten geht. Sie wird als eine Art Zauberformel eingesetzt, die das gigantische Ausmaß der Schuldenkrise mit einem rosaroten Schleier verdecken soll. Mit diesen so elegant klingenden Begriffen wird in eindeutig euphemistischer Absicht etwas getarnt und vernebelt, nämlich die Bezahlung von Krediten durch weitere Schuldenaufnahme. Unbefangenen Rezipienten wird durch solche Begrifflichkeit das Nachdenken stillgestellt. Fragte man etwa das Publikum einer Fernsehdiskussionsrunde was den „refinanzieren und Refinanzierung“ eigentlich bedeuten, dann gäben mehr als 3/4 der Befragten keine oder falsche Antworten; da bin ich mir ziemlich sicher.

    Ergebnis:
    Die EZB hat den Markt mit Geld geflutet, damit sich der Club Med zu niedrigen Zinsen „refinanzieren“ kann. Unter normalen Marktkonditionen müßten diese Länder möglicherweise 10% bis 14% Zinsen für ihre „Refinanzierung“ zahlen.

    Frage:
    Kann die EZB das viele Geld wieder einsammeln, wenn es droht, in den normalen Geld- und Wirtschaftskreislauf einzusickern und dort eine gehörige Inflation auslösen könnte?

    Bakwahn

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  8. Verzweifelt gesucht: politische Alternativen

    Aus deutscher Sicht:
    Ich mache aus meinem Herzen keine Mördergrube und sage es frisch heraus: Ich bin für einen Nord-Euro (ohne Frankreich!!!).

    Es reicht leider nicht, mit guten Argumenten gegen die laufende „Eurorettungspolitik“ anzuschreiben. Es muß auf politischer Ebene bei Wahlen etwas geschehen. Die aktuelle Regierung geht volles Risiko und die jetzigen Oppositionsparteien, die SPD und die Grünen, wollen noch mehr Geld für die „Eurorettung“ opfern.

    Die einzige Partei oder besser Wählergemeinschaft scheint mir die „Bundesvereinigung Freie Wähler“ zu sein. Ich habe mich der „Wahlalternative 2013“ angeschlossen.

    Die Berichterstattung in unseren grün-links-liberalen Leitmedien inklusive des Staatsfernsehens, der Euro sei kein Taxi, aus dem man an der nächsten Ampel aussteigen kann, wenn einem die Fahrt nicht mehr gefällt, suggeriert dem Publikum eine Alternativlosigkeit und bestärkt nur Illusionen: „Es wird noch alles gutgehen“.
    Der jetzige Zustand der Euro-Zone erscheint wie ein moderner Hochgeschwindigkeitszug, der ohne Tempolimit in ein Nirgendwo hineinrast – in ein „no-where-land“ –, von dem niemand weiß, ob es dort überhaupt Schienen gibt. Gleichzeitig beschleicht die Reisegesellschaft das Gefühl, die Lokomotive werde von einem Haufen Komiker und Europaclowns geführt.

    http://www.freiewaehler.eu

    http://www.wa2013.de

    Bakwahn
    PC-Support und Netzwerkadministration
    Hamburg Bangkok Düsseldorf

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    1. Um die Jahrtausendwende gab es die IT-Blase. Damals begann die Fed unter Greenspan - um eine mögliche Rezession in der Realwirtschaft zu vermeiden - Geld billig und frei verfügbar zu machen, um ein sogenanntes "soft landing" zu ermöglichen. Viel von diesem Geld ging jedoch nicht in die Realwirtschaft, sondern in eine neue Blase, die Immobilienblase (u. a. sub-prime). Und was seit 2008 geschehen ist, wissen wir auch.

      Sie irren jedoch, wenn Sie meinen, dass Staaten ihre Schulden zurückzahlen sollten. Das könnte sogar große Probleme zur Folge haben. Im letzten Clinton-Jahr hatten die USA einen Budgetüberschuss von fast 500 BUSD. Man errechnete damals, dass die USA bis 2010 schuldenfrei sein könnten. Eine Schreckensszenario für Investoren: was tun mit dem Geld, wenn es keine risikofreien US Treasury Bills mehr geben würde? George Bush hat dann dieses Problem mit einer Steuersenkung und mit zwei Kriegen rasch gelöst...

      Auch Deutschland kann seine Schulden nicht zurückzahlen (auch nicht seine Zinsen). Jedesmal, wenn Deutschland eine neue Anleihe begibt, ist das technisch eine Pleite, weil es ohne diese neue Anleihe fällig werdende Anleihen und Zinsen nicht zahlen könnte. Der ganz sanfte Unterschied ist, dass Deutschland aufgrund seiner Bonität keinerlei Problem hat, neue Anleihen zu besten Konditionen zu platzieren. Es geschieht also vollkommen freiwillig.

      Ich will damit nur sagen, dass niemand von Staaten verlangen sollte, dass sie ihre Schulden zurückzahlen (und das tut in Wirklichkeit auch niemand). Jeder sollte jedoch von allen Staaten verlangen, dass sie ihre Finanzen so ordnen, dass sie immer kreditwürdig sein werden. Keine Bank will von einem Kunden mit erstklassiger Bonität ihr Geld zurück. Von kriselnden Kunden wollen alle ihr Geld zurück.

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  9. Ich bin der letzte, der den Kapitalismus kritisiert; jedenfalls nicht in der Form, wie er in unseren Ländern (D und Ö) seit Jahrzehnten praktiziert wird, nämlich als soziale Marktwirtschaft. Der Staat, die Politik greift immer wieder mit seinen (ihren) vielfältigen Mitteln regulierend ein, um die Interessen zwischen Kapital und Arbeit in einem annehmbaren Gleichgewicht zu halten.

    Aus philosophischer Sicht gesehen:
    Diese Form des Wirtschaftens produziert auch immer wieder phantastisch anmutende, unauflösbare Widersprüche, die das Denken herausfordern. Einer der Widersprüche ist Ihre Diagnose und Empfehlung (ich interpretiere Sie etwas frei und großzügig), der Staat solle, ja müsse kräftig Schulden machen, weil sonst für privat erspartes Geld und Bankengeld (siehe meine obige Unterscheidung) eine wichtige Säule der Zinserwirtschaftung wegfallen würde. (Sie unterschlagen dabei andere Formen der Geldanlage: z.B. die Aktie und andere Beteiligungen an Firmen der Realwirtschaft.)

    Der deutsche Staat zahlt – wenn ich richtig informiert bin – schon jetzt aus dem Bundeshaushalt jeden 4. Taler in Zins- und Tilgungsraten ehemals aufgenommener Schulden; also ca.25 % des gesamten Bundesetats. Er refinanziert sich also nicht zu 100% an den Finanzmärkten, sondern muß auch Geld aus dem laufenden Haushalt für Zins und Tilgung verwenden. Das gilt auch für Österreich; so ungefähr jedenfalls. Bitte berichtigen Sie mich, wenn ich was Falsches sage. Das führt zu einem weiteren Widerspruch; Stichwort kapitalgedeckte Altersvorsorge: Man kann die Staatsverschuldung der Vergangenheit auch so interpretieren: Über seine Staatsanleihen hat der Staat in der Vergangenheit u.a. auch Lebensversicherungen (und anderen Ersparnissen) die Möglichkeit zu einer gut verzinsten und sicheren Anlage gegeben. Heute muß er ca. 25% des Haushaltes für Zins und Tilgung ausgeben. Ja, Herrgott, dann könnte er heute dieses Geld für höhere Renten ausgeben ... Ich weiß, ich weiß, etliche dieser Schuldengelder sind ja auch in Investitionen geflossen, die die Volkswirtschaft insgesamt stärker und leistungsfähiger gemacht haben, dadurch sind auch höhere Steuereinnahmen entstanden etc. Also hätte heute der Staat weniger Geld in der Kasse ... ist mir alles klar.

    Grundsätzlich habe ich nichts gegen Staatsschulden, wenn sie denn ausschließlich für sinnvolle Investitionen genutzt werden. Ich bin also für einen echten Keynesianismus im Sinne von:
    (a) Schulden nur für sinnvolle Investitionen und Projekte
    (b) Schulden nur bei einem schweren Einbruch der Konjunktur; aber auch jetzt nur für Investitionen
    (c) Die dadurch verbesserten Steuereinnahmen dienen der Rückzahlung

    In der Vergangenheit ist auch bei uns in Deutschland gegen diese Regeln verstoßen worden: Schulden gingen in den Konsum, in unsinnige Projekte etc. Auch bei uns in Deutschland kam fast immer nur ein halbierter oder gedrittelter Keynes zum Einsatz.
    In den Südländern dagegen gingen fast alle Schulden in den Konsum oder in Blasen (z.B. Spanien in Immobilien).

    Bakwahn

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    1. Im Budget sind nur die Zinsen. Solange Deutschland ein Budgetdefizit hat (und derzeit hat es noch eins), hat der Staat mehr Ausgaben als Einnahmen. Um das Defizit zu decken, nimmt der Staat Schulden auf.

      Zinsen sind ein Teil der Ausgaben und tragen somit zum Defizit bei. Jetzt hat Geld kein Mascher'l und man könnte natürlich sagen, der Staat zahlt Zinsen aus eigener Kraft und nimmt Schulden auf, um Gehälter zu zahlen. Faktum ist jedoch, dass der Staat irgendetwas nicht zahlen könnte, falls er keine Schulden aufnehmen könnte.

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  10. Worüber ich beim Euro so erzürnt bin:
    Der Club Med hat sich in der Vergangenheit einen Lebensstandard erschwindelt und ergaunert, den er über seine Volkswirtschaften nicht erwirtschaftet hat, und den wir (die Nordländer) jetzt im Nachhinein bezahlen sollen.
    Die Mittel und Werkzeuge sind:
    Haftungsunion, Schuldenunion, Transferunion
    Und hineinmanövriert werden wir in eine
    Fiskalunion, Bankenunion mit Schuldentilgungspakt
    mit Eurobonds, mit milliardenschweren Konjunktur- und Wachstumsprogrammen, die von Deutschland (und auch Ö) garantiert und dann letztlich auch bezahlt werden, die im Endeffekt nur Strohfeuer entfachen, aber keine nachhaltige Verbesserung, weil die wirtschaftlichen Voraussetzungen in diesen Ländern fehlen.

    Wollt ihr den totalen EURO?
    Nein! Lautet meine Antwort.

    Ich habe zu einem Aufsatz von Ludwig Poullain im Cicero vom 8. Oktober 12(!!!) eigene Kommentare unter meinem Pseudonym Bakwahn geschrieben. Ich glaube, Poullains Artikel wie auch meine Kommentare sind sehr lesenswert; das sage ich ganz ohne Bescheidenheit.

    Hier der Link:
    Zeit für einen Schlussstrich bei der Eurorettung
    http://www.cicero.de/kapital/zeit-fuer-einen-schlussstrich-bei-der-eurorettung/52063

    Am 31. Oktober hat Poullain noch einmal nachgelegt:
    Schafft den Euro ab!
    http://www.cicero.de/weltbuehne/schafft-den-euro-ab/52400


    Schon im Oktober 2011 habe ich grundlegende Gedanken und Argumente gegen den Euro in seiner jetzigen Form formuliert; zu einem Aufsatz von Michael Naumann, ehemaliger Chefredakteur des Cicero und ehemaliger Kulturstaatsminister unter Kanzler Schröder.

    http://www.cicero.de/kapital/griechenland-euro-rettung-das-loch-von-athen/46264

    Bakwahn

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    1. "Der Club Med hat sich in der Vergangenheit einen Lebensstandard erschwindelt und ergaunert, den er über seine Volkswirtschaften nicht erwirtschaftet hat, und den wir (die Nordländer) jetzt im Nachhinein bezahlen sollen".

      Sie hätten eine große Freude, hier in Griechenland zu sein (von wo ich schreibe) und Volkesstimme zu messen. Man sieht die Lage hier eher so (und viele deutsche Kommentatoren schließen sich dem an), dass in Wirklichkeit der Süden Deutschland seinen Wohlstand ermöglicht hat. Ohne den Süden im Euro wäre der Euro wesentlich höher bewertet gewesen und somit Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit am Weltmarkt niedriger. Und in den letzten Jahren kommt noch dazu, dass sich Deutschland wegen der Probleme im Süden fast zum Nulltarif finanzieren kann.

      Da ist schon was dran. Deswegen ist ja auch die Idee eines möglichen Euroaustritts Deutschlands für die Wirtschaft ein Alptraum. Natürlich hat Deutschland stark davon profitiert, im eigenen Währungsraum bei weitem der Tüchtigste zu sein und am Weltmarkt eine Währung zu haben, die durch die weniger Tüchtigen geschwächt wurde.

      Und die wirklich fanatischen Griechen sind überzeugt, dass Deutschland - einmal mehr - die Zerstörung anderer Länder mit dem Euro von vorneherein geplant hat. Man kann sich nicht vorstellen, wie stark die anti-Deutschen Emotionen geworden sind.

      Die Artikel von Poullain kannte ich und ich habe sie auch für ganz ausgezeichnet gehalten. Er beschreibt die Lage hervorragend (z. B. auch Frankreich).

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  11. Sie posten aus Griechenland? Wunderbar! Ich beneide Sie!

    Ich schaue gerade auf die Wetterkarte und sehe, im Großraum Griechenland sind immer noch Temperaturen von ca. 20 Grad. Im Moment soll es zwar auch regnen, aber das geht dort in der Regel schnell vorbei, und die Sonne ist wieder da. Ich poste im Moment von meiner aktuellen Arbeit aus Düsseldorf; hier ist alles grau in grau, regnerisch und naßkalt. Einfach nur scheußlich, grauenhaft, typisches Erkältungswetter, November eben.

    Zur Sache:
    Wenn Sie die Poullain-Aufsätze kennen, dann haben Sie hoffentlich auch meine Anmerkungen gelesen. Ich behaupte - frisch, fromm, fröhlich, frei wie ich nun einmal bin - alle Argumente, die Poullain in seinen Artikeln versammelt, habe ich in den vergangenen 2 bis 3 Jahren in meinen Kommentaren und Beiträgen auf den Webseiten von zeit.de, faz.net, theeuropean.de, aber insbesondere beim Cicero vorgetragen; auch immer mal variiert und erweitert, z.B. mit Hegel.

    Seit dem Ausbruch der Euro-Krise habe ich mich in meiner Freizeit mit Finanz- und Wirtschaftsthematiken beschäftigt. Abhandlungen von Otmar Issing, Dieter Spethmann, Stefan Homburg und vielen weiteren. Auch auf Ihrem Blog habe ich eine Menge geschmökert und viel dabei gelernt. Aber auch Blogs von Eurobefürwortern habe ich verfolgt, wie z.B. den von Mark Schieritz und Dieter Wermuth: http://blog.zeit.de/herdentrieb/
    Auch meine Kollegen Volkswirte und Betriebswirte konnte ich immer mal wieder befragen und mit ihnen diskutieren. Außerdem gibt es da noch einen Professor Sinn mit seinem IFO-Institut mit vielen Artikeln und Abhandlungen:
    http://www.cesifo-group.de/portal/page/portal/ifoHome
    Ich glaube daher, daß ich mir fundierte Urteile erlauben kann; meine Kommentare und Texte jedenfalls sind gut begründet.

    Bakwahn

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  12. Ihr referiertes Griechen-Argument, "dass in Wirklichkeit der Süden Deutschland seinen Wohlstand ermöglicht hat. Ohne den Süden im Euro wäre der Euro wesentlich höher bewertet gewesen und somit Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit am Weltmarkt niedriger." Das liegt auf einer Linie mit dem von deutschen Eurobefürwortern (Politiker, Journalisten, Intellektuelle) penetrant wiederholten Behauptung:

    "Deutschland profitiert vom Euro."

    Ich diskutiere dieses Argument unter zwei Aspekten: (I) Dieser Mythos lügt und (II) ein schwacher Euro ist schlecht für uns.

    I. !!! Diese Mythe lügt, daß sich die Balken biegen !!!
    Stichworte zur absichtlich vergessenen und verdrängten Erfolgsgeschichte der DM; zur Geschichtsvergessenheit deutscher Politiker, Journalisten und Intellektueller.
    Alle Aussagen und Texte, die völlig reflexions- und kritiklos den Euro feiern, unterschlagen die 50jährige Erfolgsgeschichte der DM. Ein historischer Rückblick auf 50 Jahre europäischer Währungsgeschichte von 1948 bis zur Einführung des Euros zeigt, daß in jeder vergangenen internationalen Währungskrise die DM aufgewertet, und die großen europäischen Konkurrenzwährungen abgewertet wurden: das Pfund, der Franc, die Lira, die Pesete etc.

    Die deutsche Volkswirtschaft hat in DM-Zeiten stets ein hohes Wirtschaftswachstum, relative Geldwertstabilität, relativ geringe Arbeitslosigkeit (bis ca. 1974 sogar !!! Vollbeschäftigung mit Millionen von Gastarbeitern aus dem Club-Med!!!)) und eine ausgeglichene Zahlungsbilanz (in den meisten Jahren sogar eine positive Handels- und vor allen Dingen positive Zahlungsbilanz) zu verzeichnen gehabt.
    In jeder internationalen Finanzkrise (von 1948 an bis zum Ende der DM) ist die DM stets aufgewertet (zum Teil sogar sehr stark) und andere Währungen (die südeuropäischen, aber auch das englische Pfund und der französische Franc) abgewertet worden. Diese Aufwertungen haben der deutschen Volkswirtschaft nicht nur nicht geschadet, sie haben keine Massenarbeitslosigkeit verursacht, sondern Deutschland ist jedesmal aus solchen Aufwertungsrunden gestärkt hervorgegangen! Gleichzeitig bedeuteten die Aufwertungen in der gesamten DM-Zeit eine massive Wohlstandssteigerung für uns Deutsche durch:

    * die Abwehr importierter Inflation.
    * die Verbilligung der Importe; besonders wichtig bei Rohstoffen.
    * Steigerung der Produktivität deutscher Unternehmen
    * Steigerung unserer finanziellen Bonität; unschlagbar niedrige Kreditzinsen
    * Steigerung der DM-Kaufkraft bei Auslandsurlauben (die harte DM).

    Durch den Euro kommt negativ hinzu:
    * Seit Einführung des Euro ist die deutsche Wirtschaft deutlich schwächer gewachsen als in Zeiten der DM.
    * Nach allgemeiner Übereinkunft stagnieren Löhne und Gehälter seit über 12 Jahren.

    Vor ca. einem Jahr wurde in den Fernsehnachrichten berichtet, daß der deutsche Export die 1 Billion Euro-Marke „geknackt“, überschritten habe. Gleichzeitig wurde angemerkt, daß der Euroraum und die restlichen EU-Länder für die deutsche Exportwirtschaft immer mehr an Bedeutung verlieren! Er liege jetzt bereits unter 38%. Andere Weltregionen dagegen werden immer wichtiger: China, Indien, Russland, Mittel- und Südamerika, Teile Ostasiens. Dieser Trend wird sich in den nächsten Jahren fortsetzen, auch weil die südeuropäischen Länder inklusive Frankreichs wegen ihrer exorbitanten Überschuldung und Konkurrenzschwäche als Kunden weitgehend ausfallen werden.

    Bakwahn
    Fortsetzung folgt

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  13. Fortsetzung:

    Zurück zum Mythos:
    Interessant ist nun festzustellen, daß in unseren Fernsehtalkrunden dieser Satz von den Euroverteidigern seit etwa 6 Monaten nur noch im Perfekt vorgetragen wird: „Deutschland hat vom Euro profitiert.“ Das ist kein Zufall, sondern ganz im Sinne Siegmund Freuds zu interpretieren: hier bahnt sich das Un- und Vorbewußte mit einer unangenehmen Wahrheit seinen Weg ans Tageslicht; die Wahrheit betritt „eine Lichtung des Seins“ (Heidegger). Denn den Euroverteidigern wird klar, (a) daß unsere Exporterfolge in die Südländer mit ungedeckten Schecks bezahlt worden sind (siehe Target2; H-W Sinn); (b) daß durch die Rettungsaktionen hunderte von Milliarden Euro auf deutschen Schuldenkonten landen werden.

    Auch Sie, Herr Kastner, verwenden unbewußt das Imperfekt: „Natürlich hat Deutschland stark davon profitiert …“ Ist das nicht süß und zugleich auch entlarvend?


    II. Ein schwacher Euro verhindert Innovation und Produktivität
    (siehe auch mein längeres Posting zu Poullain beim Cicero)
    Die deutsche Wirtschaft florierte immer dann am besten, wenn sie durch die starke und immer wieder aufgewertete DM gezwungen war, ihre Produkte und Dienstleistungen zu verbessern, zu erneuern, neue Kreationen und Innovationen zu entwickeln und auf die Märkte zu bringen. Deshalb kann Poullain rückblickend feststellen: „Mit jeder Aufwertung der Deutschen Mark ist die deutsche Industrie leistungsfähiger geworden.“

    Wir müssen aus dem schwach werdenden Euro raus. Nicht diese wirtschaftlich zurückfallenden und im Schuldensumpf absaufenden Länder des Club Med sind Zukunftsmärkte, sondern die aufstrebenden BRIC-Staaten und die ostasiatischen Länder müssen und werden die zukünftigen deutschen Handelspartner sein.
    Poullain schreibt: „Entwicklungsländer werden zu Schwellenländern, und Schwellenländer wachsen zu Industrienationen heran – alle aufnahmefähig für deutsche Produkte.“

    Bakwahn

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    1. Ich finde Ihre Argumentation sehr interessant! Ich sehe schon, dass Sie in der Sache sehr beschlagen sind.

      Vielleicht noch ein Kommentar zur deutschen Wirtschaft (und diese meine Meinung ist nicht erst in den letzten 4 Jahren entstanden). Die deutsche Wirtschaft kann ihre Bevölkerung nur deswegen beschäftigen, weil sie so viele Kunden in der ganzen Welt hat. Das ist mehr oder weniger seit dem WW2 so gewesen. Ich halte das für eine sehr verwundbare Struktur. Sollte bei diesen Kunden einmal etwas passieren, dann würde in Deutschland die Arbeitslosigkeit durch die Decke gehen.

      Die Spiegelseite des enormen Leistungsbilanzüberschusses ist die Notwendigkeit, Kapital zu exportieren. Anders geht das nicht: solange in der Leistungsbilanz ein Überschuss ist, muss in der Kapitalbilanz eine Defizit sein. Das ist Mathematik und nicht Volkswirtschaft.

      Wenn es also der deutschen Wirtschaft nicht gelingt, alle diese Überschüsse im Ausland als Touristen und/oder als Direktinvestoren auszugeben, muss sie dieses Geld dem Ausland verleihen. Und was dabei herauskommen kann, kann man derzeit im Süden der Eurozone besichtigen.

      M. E. ist auf Dauer ein Leistungsbilanzüberschuss genauso risikobehaftet wie ein -defizit. Deutschland wird sich früher oder später einmal etwas einfallen lassen müssen, wie man diese Überschüsse sinnvoll reduzieren kann. Mir persönlich fällt dazu leider nichts ein, aber irgendjemandem wird da bald einmal etwas einfallen müssen.

      http://kleingut-reflections.blogspot.gr/2011/09/defizite-in-den-handels-und.html
      http://klauskastner.blogspot.gr/2011/07/comparison-with-usa.html

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    2. Ihre Formulierungen zur deutschen Exportindustrie, zum Handelsbilanzüberschuß und dem daraus resultierenden Zahlungsbilanzüberschuß ist so merkwürdig negativ formuliert.

      Überschüsse sind immer besser als Negativsalden. Oder?
      Jedenfalls sind die Probleme aus positiven Überschüssen angenehmere Erschwernisse und (wahrscheinlich) auch leichter zu lösen als negative.
      Ständige Zahlungs- oder Leistungsbilanzüberschüsse haben in der Vergangenheit (in Zeiten der DM) zu Aufwertungen geführt mit für Deutschland insgesamt deutlich überwiegend positiven Auswirkungen (siehe mein obiges Posting zur Geschichte der DM).
      Aber grundsätzlich haben Sie natürlich recht. Am besten ist immer eine ausgeglichene Zahlungsbilanz.

      Bakwahn

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    3. Ich habe in diesem Zusammenhang noch ein paar Fragen an Sie, den Finanzfachmann, weil ich an einer bestimmten Stelle etwas nicht begreife. Lassen Sie mich Beispiele geben aus der DM-Zeit und ihrem Zentralnoteninstitut, unserer guten alten Bundesbank. Gleiches gilt sicher für Österreich.
      Am Ende eines Geschäftsjahres hatte die Bundesbank (in der Regel) einen satten Gewinn erwirtschaftet; der schwankte stark; ich erinnere mich an Zahlen zwischen 7 bis 13 Milliarden DM plus. Dieser Gewinn floß direkt in den Bundeshaushalt. Dieser Bundesbankgewinn kann nur durch ihre Zinseinnahmen entstanden sein. Sie hat den anderen deutschen (Privat-)Banken Geld geliehen, die diese verzinsen mußten.
      1. Frage: Das ist richtig, Herr Kastner, oder?
      2. Frage: Zog die Bundesbank noch aus anderen Quellen Gewinn?

      Gleichzeitig sammelten sich bei der Bundesbank die Zahlungsbilanzüberschüsse, die durch den Austausch mit dem Ausland zustande gekommen sind (ich formuliere möglicherweise etwas laienhaft, hoffe aber dennoch gut verstanden zu werden.) Offensichtlich aber handelt es sich nicht um Geld, das direkt in den Bundeshaushalt fließen konnte.
      Fragen: Um was für Geld handelt es sich hier? Was für einen Status hat dieses Geld?
      Sind es direkte Guthaben?
      Sind es lediglich Forderungen gegenüber dem Ausland?
      Wer konnte über diese „Überschüsse“ verfügen? Wer hatte Zugriffsrechte?
      Wurde hier differenziert von Ausland zu Ausland? Beispiel: Mit Japan war unsere Handels- und damit auch unsere Zahlungsbilanz immer negativ. Wir haben mehr aus Japan importiert als dorthin exportiert. Mit Frankreich war es umgekehrt.

      Ich freue mich auf Ihre Antworten; wäre jedenfalls riesig.
      Vielleicht bei einer Flasche griechischen Retsina …

      !Achtung!
      Das bringt mich in meinen Überlegungen zu Fragen der jetzigen Euro-Situation.
      An die Stelle der Bundesbank ist jetzt die EZB getreten. Auch die erwirtschaftet Zinsgewinne, wie oben beschrieben.
      Wer erhält die Gewinne, nach welchem Schlüssel verteilt???
      Ich vermute, die Deutschen werden hier insbesondere von den Franzosen über den Tisch gezogen ... oder irre ich mich?

      Gleichzeitig ist es so, daß die Leistungsbilanz der EZB in den vergangenen Jahren immer positiv war. Ich vermute: hauptsächlich zu 90% wegen der deutschen Handelsbilanzüberschüsse! Frankreich und Italien sind dagegen negativ: sowohl die Handelsbilanz als auch die Zahlungsbilanz dieser beiden Länder mit der Welt außerhalb der Eurozone ist negativ.
      Mit anderen Worten: Wir Deutsche und die anderen Nordländer (inklusive Österreich) sorgen durch unsere Handels- und Zahlungsbilanzüberschüsse für einen stabilen Eurowert nach außen, der dann den Franzosen und Italienern erlaubt, billig Öl, Gas und chinesische Textilien zu importieren, sprich billig einkaufen zu können. Na fabelhaft!

      Das gibt noch eine Flasche Retsina und als Zugabe eine Flasche Ouzo oder Metaxa.

      Bakwahn

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    4. Zu 7:58

      Ich würde meine Formulierungen nicht unbedingt als negativ werten, auf jeden Fall aber als warnend. Nein - und so komisch es klingen mag - Überschüsse sind nicht immer besser als Defizite. Und die Probleme der Defizite können leichter zu lösen sein als jede der Überschüsse.

      Ein Land, das wie Griechenland viel zu viel importiert, könnte seine Binnenwirtschaft rasch ankurbeln, indem es Importe mit Inlandsproduktion substituiert. Ein Land, das sehr viel exportiert, wird sich schon viel schwerer tun, die Binnenwirtschaft zu beflügeln. Siehe Deutschland.

      Schauen Sie sich die Schweiz an. Für meine Begriffe ist die Schweiz ein Vorbild, wie man ein Land organisieren kann: gute Sozialversicherungen, gute Infrastruktur, leistungsstarke Wirtschaft, ausgeglichenes Budget und --- niedrige Steuern. Und der Dank dafür? Alles flieht deswegen in den CHF; die Notenbank muss riskante Maneuver eingehen, um den CHF nicht durch die Decke gehen zu lassen (und damit die Schweizer Wirtschaft zu ruinieren).

      Undank ist wohl der Welten Lohn, aber so ist es einmal.

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    5. Zu 8:02

      Die Leistungsbilanz hat mit der Bundesbank fast nichts zu tun. Auch nicht mit dem Bundeshaushalt.

      Auf Kundenkonten von deutschen Banken landen Erlöse aus Exporten und aus Dienstleistungen, die im Ausland erbracht werden. Von den gleichen Konten werden Auslandsüberweisungen getätigt, um Importe zu bezahlen. Am Ende des Tages haben diese Banken aus dem Titel 'Auslandsgeschäft' entweder einen Liquiditätsabgang (bei Leistungsbilanzdefizit) oder einen Liquiditätszugang (bei Leistungsbilanzüberschuss). Den Liquiditätsabgang müssen sie irgendwie decken (z. B. mit EZB-Krediten, wie es die griechischen Banken seit der Krise tun). Den Liquiditätszugang müssen sie irgendwie veranlagen (z. B. in die Finanzierung des Südens, wie es deutsche Banken fast grenzenlos gemacht haben vor der Krise). Es ist ja kein Zufall, dass deutsche Banken bei fast jeder internationalen Blase des letzten Jahrezehntes dabei waren (mit Ausnahme von Bernie Madoff). Die Überschüsse aus dem Ausland mussten ja irgendwo im Ausland wieder veranlagt werden. Vielleicht helfen Ihnen diese beiden Links zum besseren Verständnis.

      http://klauskastner.blogspot.gr/2011/12/on-importance-of-current-account.html
      http://klauskastner.blogspot.gr/2011/11/greece-current-account-and-foreign-debt.html

      Die G+V Rechnung der Bundesbank können Sie im Internet abrufen. Nein, Zinsen sind bei weitem nicht die einzige Ertragsquelle. Ich vermute einmal, dass ein großer Teil aus Devisenoperationen kommt. Nur, wenn eine Notenbank einen Gewinn macht, dann nicht deswegen, weil sie so erfolgreich war, sondern hauptsächlich deswegen, weil sie die Notenbank ist und gewisse Aufgaben zu erfüllen hat.

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    6. Ich habe soeben diesen Artikel von Prof. Grauwe gelesen, der das unterstreicht, was ich oben versucht habe, zu erklären:

      http://www.voxeu.org/article/target2-scapegoat-german-errors

      Der Artikel ist extrem einseitig und ich werde das demnächst in einem Blogpost kommentieren, aber in folgendem Punkt ist er zutreffend:

      Ein Leistungsbilanzüberschuss bedeutet - aus mathematischen und nicht aus volkswirtschaftlichen Gesetzen - dass das Land, bzw. sein Bankensystem Kapital exportieren muss. Entweder dadurch, dass es im Ausland investiert oder dem Ausland Kredite gewährt. Deutschand MUSSTE Kapital exportieren genauso wie die USA Kapital importieren MÜSSEN!

      Das ganze ist ein Kreislauf analog zu einem Huhn-Ei Prozess, wo man bis zum St.-Nimmerleinstag diskutieren kann, wer den Prozess gestartet hat. Hätten deutsche Banken das Kapital nicht an beispielsweise Griechenland verliehen, dann hätte Griechenland nicht genug Geld gehabt, ein Leistungsbilanzdefizit zu finanzieren und demzufolge eines aufzubauen. Hätten Griechenland & Co. diese Kredite nicht aufgenommen, stellt sich die Frage, was die deutschen Banken mit diesem Geld sonst hätten machen können.

      Prof. Grauwe ignoriert komplett das Thema der gemeinsamen Verantwortung bei der Kreditvergabe: nicht nur Kreditgeber sind für ihre verantwortungslosen Entscheidungen verantwortlich, sondern auch Kreditnehmer.

      Ich hänge unten ein Papier an, das ich im Arpil 2011 der Bundesbank geschickt hatte mit der Bitte, etwaige Fehler meinerseits zu korrigieren. Ich erhielt keine Antwort.

      Mein Vorschlag war, das Bummerl dort zu lassen, wo es hingehört, nämlich bei den Banken/Kreditnehmern. Die deutschen Steuerzahler hätte das ebenso viel gekostet, nur dass sie dann ihre Banken vorübergehend besessen hätten. Die Bankeigentümer hätten ihr Kapital verloren (wie es sich in einer Marktwirtschaft gehört) und die Steuerzahler hätten beim Wiederverkauf der Banken einen Teil ihres Geldes - möglicherweise einen großen Teil! - wieder zurückbekommen.

      http://klauskastner.blogspot.gr/2011/06/geldverwenung-verschwendung-der.html

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  14. Lügen und Tricksen

    Was mir als einigermaßen fleißiger, regelmäßig Steuern und Abgaben zahlender deutscher Arbeitnehmer die grüne Kotze aufsteigen läßt, ist die Lügerei, Trickserei, die Vernebelungstaktiken der Eurokraten. Hier ein paar Kostproben:
    „Wir werden jeden Cent zurückzahlen. Deutschland bekommt sein Geld zurück - und zwar mit hohen Zinsen“. So posaunte Griechenlands Ex-Regierungschef Giorgios Papandreou im März 2011. Auch Antonis Samaras im August 2012 bei seinem Deutschlandbesuch behauptete das Gleiche. Er log, ohne rot zu werden, in die Kameras. Diese Typen lügen, wenn sie nur den Mund aufmachen. Haben die überhaupt kein Ehrgefühl im Leib? Sie wollen doch ach so „stolze Griechen“ sein. Worauf bitte gründen sie ihren Stolz eigentlich? Ja, was ist das überhaupt für ein Begriff von Stolz?
    Es hat bereits einen Schuldenschnitt von ca. 100 Milliarden gegeben. Ein zweiter ist in der Diskussion und wird wahrscheinlich kommen. Die schwache griechische Volkswirtschaft ist überhaupt nicht in der Lage, die benötigten Überschüsse zu erwirtschaften, um Schulden dieses Ausmaßes abzutragen. Sagen Sie das ihren ach so stolzen Griechen.

    Die anderen Berufs- und Gremieneuropäer sind nicht anders; die Merkels und Schäubles, Junkers und Draghis; hier bei Wiwo „Die 10 größten Eurolügen“:
    http://www.wiwo.de/politik/europa/schuldenkrise-die-zehn-groessten-euro-luegen/6987602.html#image

    Happy reading and wondering.

    Ein Posting zu den griechischen Haßtiraden folgt noch.

    Bakwahn

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  15. Im Folgenden argumentiere ich nicht mit ökonomischen und finanztechnischen Begrifflichkeiten; eher mit historischen und kulturellen.
    Ich kenne Griechenland nicht aus eigener Anschauung. Mein Wissen über dieses Land habe ich in den letzten 3 Jahren aus der Lektüre von mehr als 100 Artikeln, Berichten, Texten und aus mehreren Fernsehreportagen und Diskussionsrunden bezogen. Darunter so sind verschiedene Medien wie die FAZ, Spiegel, Handelsblatt, WiWo etc., diverse Internet-Blogs und Foren bis hin zum philosophischen Merkur (deutsche Zeitschrift für europäisches Denken: http://www.klett-cotta.de/zeitschrift/MERKUR/7819). Ich glaube daher, daß ich mir ein einigermaßen objektives und differenziertes Bild machen kann, ohne in Stereotype und Vorurteile zu verfallen.

    Noch einmal zur Erinnerung:
    Die Griechen sind nicht Opfer einer Naturkatastrophe geworden, kein Vulkanausbruch, kein Erdbeben und kein Tsunami haben den griechischen Archipel verwüstet. Die Griechen haben sich in vollem Bewußtsein in dieses Fiasko hineingewirtschaftet; sie sind der Autor ihrer eigenen Tragödie, deren Auswirkungen jetzt andere – Deutschland zuerst und hauptsächlich – finanziell auszubaden haben. Ich jedenfalls fühle keine Solidarität mit den Griechen.
    Der Soziologe Heinz Bude nannte die griechische Gesellschaft einen „staatsbürokratisch organisierten Massenklientelismus“. Der ZEIT-Journalist Josef Joffe schrieb über Griechenland, es sei „ein üppiger Sozialstaat mit verharzter Privilegienwirtschaft“. Der Focus-Autor Jens Bastian bezeichnete Griechenland als ein Land mit einem „klientelistisch verwahrlosten politischen System“.
    Alle drei metaphorischen Formulierungen treffen die griechische Gesellschaft im Kern.

    Platon, Aristoteles, Perikles, Thukydides würden angesichts des katastrophalen, eigentlich total verkommenen Zustandes des griechischen Staates, seiner Wirtschaft und Gesellschaft erschrecken und vor Abscheu und tiefer Scham erröten. Der griechische Wohlstand der letzten 12 Jahre ist nicht durch Arbeit, Anstrengung und Leistung erwirtschaftet, sondern hauptsächlich über Schulden erschwindelt und ergaunert worden. Die Griechen sind der süßen Droge billigen Schuldengeldes verfallen, wiegten sich in Wohlstandsillusionen und werden jetzt auf kalten Entzug gesetzt. Die griechische Bevölkerung, die jetzt an den Folgen ihrer eigenen Schuldenpolitik schwere Not leidet, wird sich darauf besinnen müssen, dass die Vergeudungs- und Pumppolitik, die nun ihre Opfer fordert, ein Ergebnis ihrer demokratischen Willensbildung war! Die Griechen sind die vollverantwortlichen Autoren der Situation, in der sie sich heute befinden. Andernfalls müsste man das so sehr gelobte demokratische System doch ernsthaft in Zweifel ziehen. Oder?

    Griechenland hat sich unter dem Regime des Euro zu einem Transfernehmer, zu einem Sozialhilfeempfänger entwickelt. Im Anblick der Akropolis, des Parthenon, der Propyläen und des Niketempels, in dem sich die großartige, heroische griechische Antike präsentiert, ein Hügel, auf dem Europa gründet, erkennen die heutigen Griechen, dass sie sich selber durchgereicht haben: von ganz oben nach ganz unten. Sie erkennen ihre Rückständigkeit, ihre Unfähigkeit und die Verkommenheit von Staat und Gesellschaft, ihre geringe Respektabilität, ihre Inferiorität. Ihnen wird klar, daß sie unter den Bedingungen des Euro nicht mithalten können. Sie wollten in der Championsleague mitspielen, sind aber bestenfalls für die Kreisklasse geeignet. Das ist der tiefenpsychologische Grund für die Beschimpfung und Verunglimpfung der Deutschen als Nazis und als Besatzer.

    Fortsetzung folgt
    Bakwahn

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  16. Fortsetzung:
    Der Zustand Griechenlands vor drei Jahren:
    Griechenland scheint korrupt bis in die Knochen zu sein! Vom Staatspräsidenten über die öffentliche Verwaltung bis hin zum letzten Finanzbeamten. Ein aufgeblähter öffentlicher Dienst sowie staatliche und halbstaatliche Unternehmen, die personell 3-mal überbesetzt sind und deswegen unproduktiv und hochdefizitär arbeiten. Fast überall in Amtsstuben, Büros und Kontoren easy going und easy living. Diese Gestalt des griechischen Geistes, diese Mentalität, scheint mir die Ursache allen Übels zu sein. Man kann die griechische Finanzmisere – wie Sie, Herr Kastner, es ja auch immer wieder versuchen - mit objektiven finanztechnischen und ökonomischen Fehlentscheidungen beschreiben und begründen. Diese können in der simplen These zusammengefasst werden: Milliarden von Fördereuros aus den Töpfen der EU und zusätzliche Schuldeneuros sind statt in Investitionen in den Konsum geflossen; z.B. in völlig überhöhte Löhne und Gehälter. Aber dabei kann man nicht stehenbleiben, man darf an dieser Stelle die Dialektik nicht stillstellen. Ich erinnere an die gesellschaftliche Konstituierung des Ich-Bewußtseins, an das historisch-gesellschaftlich-soziale Apriori. Unser Denken, Fühlen und Meinen, unsere Normen und Werte, unsere Weltsicht, unser Wissen von dieser Welt und unser Handeln sind durch diese geschichtlich-gesellschaftliche Vorgegebenheit bestimmt. Jaspers nennt diesen Sachverhalt das uns „Umgreifende“, in dem wir uns immer schon vorfinden. Dieses Vorgegebene, dieses uns Umgreifende nenne ich mit Hegel Substanz; und diese Substanzialität bestimmt die Subjektivität. Bei allem Respekt vor dem Individuum, vor dem unvertretbaren und unverwechselbaren Einzelnen, diese Substanzialität bestimmt weitgehend die Subjektivität, auch die der griechischen Politikerkaste, der griechischen Eliten und der normalen Durchschnittsgriechen.
    Dieser angeblich objektive Fehler, Milliarden von Schulden- und Fördereuros in den Konsum zu geben, ist somit kein „Fehler“, etwa aus Unwissenheit oder aus Versehen, nein, dieses Handeln entspringt der Logik der griechischen Mentalität.

    Hat sich nach 3 Jahren etwas Substanzielles geändert? Ich glaube nicht. Wir werden von der Troika geschönte Berichte erhalten, angepaßt an die Erwartungen der Eurokraten und Euroretter, so daß wieder Geld fließen kann, und der Bankrott abgewendet wird. Griechenland wandelt sich zu einem Schwarzen Loch. Dieses Land hat weder die wirtschaftliche noch die politische Reife eines modernen, demokratischen Rechtsstaates. Griechenland muß aus dem Euro raus.

    Natürlich gibt es auch hart arbeitende Griechen: der Fischer, der in der bereits überfischten Ägäis sein eher karges Auskommen erarbeiten muß, der Wein- und Olivenbauer, der Schaf- und Ziegenhirte, der Schwammtaucher, der bei jedem Tauchgang sein Leben einsetzt, die Köche, Kellner, Zimmermädchen und Putzfrauen in den internationalen Hotels der Tourismusindustrie etc. Aber volkswirtschaftlich gesehen ist der Beitrag der Fischerei und der Landwirtschaft als eher sehr gering einzuschätzen. Nur der Tourismus bringt echte Devisen.
    Da Griechenland über keine nennenswerte Industrie verfügt, und insgesamt die Leistungskraft der Volkswirtschaft als nur sehr schwach einzuschätzen ist, habe ich die Befürchtung, dass die an Griechenland gegangenen Hilfsgelder unwiderruflich verloren sind. Die einzig wirklich produktive, wettbewerbsfähige Branche sind die griechischen Reedereien. Aber die haben sich aus dem Steuer- und Abgabensystem Griechenlands längst verabschiedet.

    Bakwahn

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  17. Herr Kastner, Sie berichten sachlich neutral und leidenschaftslos:
    „Und die wirklich fanatischen Griechen sind überzeugt, dass Deutschland - einmal mehr - die Zerstörung anderer Länder mit dem Euro von vorneherein geplant hat. Man kann sich nicht vorstellen, wie stark die anti-Deutschen Emotionen geworden sind.“
    Um den Haß und den Zorn der Griechen auf die Deutschen richtig einzuordnen, muß ich länger ausholen.
    Die Reformation Luthers ist das wichtigste weil wirkungsmächtigste historische Ereignis der deutschen und mitteleuropäischen Geschichte. Unter Kaiser Karl V., mit dem es Luther auf dem Wormser Reichstag zu tun hatte, erreichte das Reich seine größte Ausdehnung, so daß er sagen konnte: „In meinem Reich geht die Sonne nicht unter.“

    These 1:
    Eine der historischen Langzeitwirkungen der Reformation im Rahmen des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation hat zur Abspaltung des germanischen Nordens vom romanisch geprägten Süden und Südwesten geführt; zwei Sprach- und Kulturkreise, die nicht zueinander passten.

    These 2:
    Heute versucht die Politik mit aller Macht und unter Mobilisierung gigantischer finanzieller Ressourcen die Teile Europas, die nicht zusammengehören und auch nicht zusammen harmonieren, politisch und wirtschaftlich mit einer Schraubzwinge zusammenzupressen. Die Differenzen jedoch in Kultur, Mentalität und Identität sind ganz offensichtlich unübersehbar und nicht zu überbrücken.

    Die protestantische Ethik, ihre Tugenden und Werte aus dem Geiste der sozialen Marktwirtschaft:
    Dort, wo die Reformation durchgedrungen ist, in Mittel- und Nordeuropa, hat sie grundlegende Einstellungen, Gesinnungen, Denkweisen bewirkt: positive Einstellungen zu Arbeit, Eigenverantwortung, Eigeninitiative, Mobilität, Fleiß, Leistungsbereitschaft, Sparsamkeit; dazu: nützlich-effizienter Umgang mit knappen Ressourcen, Bildungs- und Ausbildungsaffinität, Kreativität und wirtschaftlicher Wagemut, Rationalität und Realismus etc.; dazu metaphorisch formuliert: ein langer Atem, Stehvermögen, die Fähigkeit, Rückschläge wegzustecken. Das ist die kulturelle Tiefenprägung, aus der erfolgreiche Nationen und Volkswirtschaften geschnitzt sind; so sieht das kulturelle Kapital, das Sozialkapital aus, mit dem Gesellschaften sich im internationalen Wettbewerb behaupten können.
    Ich rede hier keineswegs einem Kulturessentialismus das Wort. Selbstverständlich können sich Kulturen ändern. Aber wirklich substantielle Veränderungen benötigen Zeit, über eine Generation und mehr. Mein Katalog ist auch nicht irgendeinem sonst so verschmähten „Neoliberalismus“ zuzuschreiben, sondern beschreibt conditio, sine quo non conditiones sine quibus non

    These 3:
    Den Griechen jetzt Tugenden und Werte aufzuzwingen, dazu politische und wirtschaftliche Strukturen zu oktroyieren, die den Tugenden, Werten und Vorstellungen unserer nordländischen protestantischen Ethik entsprechen, erzeugt Ablehnung, Groll und Haß, weil es ein Angriff auf die griechische Identität bedeutet. Nichts ist schwerwiegender als Kritik an der nationalen Identität.
    Nur so sind die Reaktionen in der griechischen Öffentlichkeit zu deuten! Da wird z.B. Deutschland vorgeworfen, nach zwei vergeblichen Anläufen (1914 und 1939) es jetzt über den Euro zu versuchen, sich Europa untertan zu machen. Der Versuch der europäischen Nordländer, den Griechen u.a. Haushaltssolidität und Sparsamkeit, sowie ein anderes Arbeitsethos und weitere Verhaltensweisen anzuempfehlen (siehe mein oben aufgeführter Tugendkanon), wird intuitiv als schwerwiegender Anschlag auf die griechische Identität gewertet. Darin äußern sich Verlustängste hinsichtlich der eigenen Kultur und Identität. Daher diese völlig überzogenen emotionalen Reaktionen.

    Bakwahn
    PC-Support und Netzwerkadministration
    Hamburg Bangkok Düsseldorf

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    1. Sie bestätigen mit Ihren sehr soliden Ausführungen etwas, was ich schon des öfteren geschrieben habe, nämlich:

      Die Griechen haben wesentliche Geistesströmungen, die Europa geprägt haben (eben die Reformation, Rennaisance und - vor allem! - die Aufklärung) nicht wirklich miterlebt. Während in Mitteleuropa fast ununterbrochen Kriege geführt wurden (der "survival of the fittest" schlechthin), wurden die Griechen an eine Vasallenmentalität unter den Ottomanen gewöhnt.

      Man möge sich an die ex-DDR erinnern. Nur ein paar Jahrzehnte hatten dort ausgereicht, die vergemeinschaftlichte Mentalität zu ändern. Die Wiederanpassung an die „deutsche Mentalität“ ist – so meine ich – auch heute noch nicht überall im Osten gelungen. Und Griechenland hatte Jahrhunderte davon.

      Die konsequente Frage wäre nicht gewesen, ob Griechenland für den Euro geeignet ist, sondern bereits vor über 30 Jahren, ob Griechenland wirklich in die EU passt. Vollkommen leidenschaftslos und ohne Vorurteile --- tut man Griechen mit der EU einen Gefallen?

      Für mich ist Griechenland noch kein Land, in dem zweifelsfrei die vergemeinschaftlichte Überzeugung herrscht, dem Westen zuzugehören. Ich erlebe hier nach wie vor eine starke Orientierung in Richtung der mystischen Werte des Osten (im Gegensatz zur Rationalität der Aufklärung). Die Kirche leistet einen erheblichen Beitrag dazu.

      Nur, man kann diese Uhr wohl nicht zurückstellen. Es gibt auch ein Griechenland, das voll und ganz dem Westen zugeordnet werden kann. Eine hochgebildete Schicht (vor allem in der jüngeren Generation), die ihren Gegenübern in Mitteleuropa um keinen Deut nachstehen; eher vorauseilen. Von diesem Griechenland hört man leider herzlich wenig.

      Was will ich damit sagen? Die Vergangenheitsanalyse ist für mich nur insofern relevant, dass sie Ansatzpunkte für eine bessere Zukunft liefert. Da gibt es in der griechischen Vergangenheit eine ganze Menge Ansatzpunkte. Es bringt aber nicht viel, nur zu erklären, warum etwas schiefgelaufen ist. Letztendlich sollte man sich an der Realität orientieren und sich überlegen, wie man sie vielleicht doch verbessern kann.

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    2. „Sie bestätigen mit Ihren sehr soliden Ausführungen ... “
      Danke für die Blumen.

      Ich komme noch einmal auf Ihr Beispiel mit dem zweigeteilten Hafen von Piräus zurück.
      [[ http://klauskastner.blogspot.de/2012/11/ein-kommentar-zu-spiegelfechters.html ]]

      Vor der Übernahme durch Cosco haben die Griechen weder gewußt, ja noch nicht einmal geahnt, was für eine Goldgrube sie aus diesem Hafen machen könnten. Sie könnten Piräus zum Hamburg im östlichen Mittelmeerraum machen. Über den Hamburger Hafen läuft die gesamte Versorgung und Verteilung des Nord- und Osteeraums und die Versorgung von Mittelosteuropa.

      Ich vermute: Statt z.B. die Fördermittel der EU der letzten 32 Jahre unter anderem auch in die Investition „Hafen-Piräus“ zu investieren, hat sich das korrupte System diese Gelder über diverse Umwege auf eigene Konten geschoben. Ich wette, unter den Käufern von Immobilien in London, Paris und Berlin sind genau solche Typen dabei, die durch Korruption und Mißwirtschaft an so viel Geld gekommen ist. Die spielen da den Dicken Max mit meinem, mit unserem Geld. Mir kommt die grüne Kotze.

      Ich höre auf. Es ist alles so deprimierend.

      PS:
      Dieser Versuch, Inkompatibles zu konvergieren, wird für die deutsche Nation in einem finanziellen Fiasko enden.
      PPS: Auch für Österreich.

      Bakwahn

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    3. Sie können getrost davon ausgehen, dass ein ganz erheblicher Teil jener Gelder, die in den letzten 3 Jahrzehnten entweder als EU-Förderungen oder als billige Euro-Kredite ins Land gekommen sind, das Land wieder als Privatvermögen verlassen haben. Alleine die liquiden Auslandsvermögen von Griechen werden im 3-stelligen MrdEUR-Bereich geschätzt, von Immobilien und Firmenanteilen ganz zu schweigen.

      Und um der Sache einen besonderen Charme zu geben: in den letzten 2-1/2 Jahren haben Griechen fast 100 MrdEUR von ihren Konten bei griechischen Banken abgehoben. Ein Teil davon sicherlich als Notgroschen, ich würde jedoch vermuten, dass der größere Teil dazu diente, sein Geld 'ins Trockene' zu bringen (knapp 30 MrdEUR davon wurden ins Ausland überwiesen). Und wer hat diesen Abgang finanziert? Die EZB! Es wurden also Steuerzahlergelder nach Griechenland geschickt, damit vermögende Griechen ihr Geld ins Trockene bringen konnten (und es auch vor einem möglichen Grexit zu schützen).

      Ich wünsche einen schönen Abend!

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  18. Eine Frage drängt sich auf:

    Wie konnten nach der Einführung des Euro die internationalen Geldmärkte dem griechischen Staat und den anderen Ländern der südlichen Peripherie so hohe und so viele Kredite zu so günstigen Konditionen leihen?

    Banken usw. vergaben doch ihre Gelder nicht an „den Euroraum“, es waren also keine „Eurobands“, sondern jeweils einem bestimmten Land; einem Land, von dem sie vorher – mit guten Gründen – sehr hohe Zinsen verlangt haben!

    Was haben sich die Bankmanager eigentlich gedacht?

    Bakwahn

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    1. Wie konnten die Banken so viel Geld verleihen? Vor einem Jahr habe ich eine Art Weihnachtsgeschichte darüber geschrieben. Sie basiert auf konkreten eigenen Erfahrungen über 4 Jahrzehnte und beantwortet einen großen Teil der Frage.

      http://klauskastner.blogspot.gr/2011/12/how-greece-could-build-up-so-much.html

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  19. Μῆνιν ἄειδε θεὰ Πηληιάδεω Ἀχιλῆος
    οὐλομένην, ἥ μυρί’ Ἀχαιοῖς ἄλγε’ ἔθηκεν,

    Menin aiede, thea, Peleiadeo Achileos
    Oulomenem, he myri Achaiois alge eteke ...

    Den Zorn singe, oh Göttin, des Peleussohnes Achilles,
    den unheilbringenden Zorn, der tausend Leid den Achäern
    schuf und viele stattliche Seelen zum Hades hinabstieß …

    "Am Anfang des ersten Satzes der europäischen Überlieferung, im Eingangsvers der Ilias, taucht das Wort >Zorn< auf, fatal und feierlich wie ein Appell, der keinen Widerspruch duldet."

    Mit diesen Worten beginnt Peter Sloterdijks anregende Studie über den Zorn als thymotisches Phänomen; ein Affekt, der Europa von Anfang an begleitet hat (Zorn und Zeit). Zum Thymos gehören Stolz, Mut, Beherztheit, Gerechtigkeitsgefühl, aber auch Geltungsdrang und Rachegefühl.
    Die homerischen Helden der Ilias konnten diese thymotischen Prinzipien noch ausleben. In unserer heutigen postmodernen Gesellschaft existiert diese Beherztheit, dieser Mannesmut – so resümiert Sloterdijk höhnisch-frotzelnd -, nur noch als „die vielgelobte Zivilcourage, die Magerstufe des Muts der Verlierer.“

    Nun, ich bin nicht Achill, der in seiner Zornesaufwallung das Schwert zieht und alles kurz und klein schlägt, sondern ein Individuum des 20. Jahrhunderts, bei dem der Zorn nur noch in domestizierter - oder besser noch - in sublimierter Form ausgelebt werden kann: z.B. in kritischen Texten mit guten Gründen, eben mit Zivilcourage angesichts der medialen Übermacht der veröffentlichten Meinung, die sich ein Europa ohne Euro gar nicht mehr vorstellen will und dafür bereit ist, alles aufs Spiel zu setzen und alles zu opfern.

    Bakwahn

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